Faszination Modellautos

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News 1:18 Norev Opel Diplomat B 1969

Der Opel und der Lunker

Bei Modelissimo konnte man ihn schon vor einigen Monaten kaufen. Denn Modelissimo hatte ihn exklusiv, den Opel Diplomat B von Norev. Nun kommt er in den Fachhandel, rabenschwarz mit rabenschwarzem Vinyldach und rabenschwarzem Interieur. Und er hat ein interessantes Extra: einen Lunker.

Wenn ein Großhändler bei Norev ein Modellauto initiiert und eine größere Abnahmezahl zusichert, dann bekommt er es einige Monate lang exklusiv. Modelissimo gab bei Norev den Opel Diplomat B in seiner Urversion von 1969 in Auftrag und erhielt ihn in zwei Farben, Kosmosblau- und Saharagoldmetallic, jeweils mit schwarzem Vinyldach (Auflage je 1000 Stück). Nach einer Höflichkeitsfrist nimmt ihn Norev nun ins Fachhandelsprogramm auf, somit ist er allgemein erhältlich. Norev votierte für eine sehr ungewöhnliche Farbe, rundum schwarz, was selten war, aber durchaus Bestandteil des Opel-Programms. Privatleute kauften ihn selten in Schwarz, jedoch die hessische Landesregierung aus Loyalitätsgründen für ihre Minister und hohen Beamten. Schwarz war als Autofarbe in den späten 60ern und in den 70ern ziemlich out. Aber Schwarz war in Vorkriegszeiten und den 50er Jahren sehr üblich, nicht nur bei eleganten Wagen wie dem großen Opel. Und für so manch älteren Kunden gab es auch 1969 keine andere Farbe für ein gediegenes Automobil als Schwarz.

Der Norev-Großopel ist ein fehlerfrei getroffenes, stattliches Modellauto, wofür Norev zu loben ist. Denn der Diplomat B war eine große Lücke im Modellautokosmos des Maßstabs 1:18. Dass er gleichzeitig von zwei Herstellern, neben Norev auch MCG, kam, ist eben eine Besonderheit der Modellautogeschichte – zumal beide in gleicher Ausführung konstruiert sind, nämlich sealed, also ohne zu öffnende Teile. Der Norev kann im Gegensatz zum MCG lenken, der MCG hat im Gegensatz zum Norev deutliche formale Fehler.

Seinerzeit bekamen wir von Norev, etliche Monate vor der Auslieferung der ersten Serienexemplare an Modelissimo, ein Vorserienmodell zur Besprechung in der ehemaligen Printausgabe der Caramini. Alles war gut an diesem Modell. Dann kamen die Modelissimo-Exemplare, und sie hatten alle eine formale Auffälligkeit: Die gravierte Zierleiste am vorderen linken Kotflügel ist wellig. Man sieht das, obgleich die silberne Bedruckung der Zierleiste die Welle ziemlich kaschiert. Wir wunderten uns, verglichen extra nochmals mit unserem Vorserienexemplar. An dem ist die Zierleiste so gerade wie der Horizont der Nordsee. Es kann sich also nicht um einen Werkzeugfehler handeln – zumal der Norev-Produktmanager das Werkzeug mit einem so deutlichen Fehler nie zur Serienfertigung freigegeben hätte. Woher also kommt die Unsauberkeit im Kotflügel des Diplomaten?

Ein neues Wort im Sprachschatz

Der durchschnittliche Bio-Deutsche verfügt über einen Gebrauchswortschatz von rund 70.000 Wörtern (sagt der Duden, Deutsches Universalwörterbuch). „Lunker“ dürfte nicht dazugehören. Nun mögen wir über einen (geringfügig) höheren Wortschatz verfügen, aber was ein Lunker ist, wussten wir auch nicht. Nun wissen wir es, sind stolz wie ein kleines Kind auf das neue Wort, und teilen dieses aktuell erworbene Wissen gerne mit den Caramini-online-Lesern. Und wir verraten, von wem wir es gelernt haben: von Sascha Voss, dem Produktmanager bei Norev in Aachen. Danke dafür, Sascha.

Also: „Lunker“ ist ein Fachbegriff aus der Metallurgie. Wenn der Zinkdruckguss in der Form erstarrt ist und ausgeschlagen (also: aus der Form herausgeholt) wird, kann ein Lunker entstehen. Lunker sind Hohlräume, die sich dadurch ergeben, dass das Materialvolumen schrumpft. Solch ein Lunker kann innerhalb der Karosseriewand auftreten, dann sieht man ihn nicht, aber er kann zu einem derartigen Verzug führen, wie es beim Opel Diplomat auftritt. Er kann auch außerhalb auftreten. Dann hat die Karosserie ein Loch und der nette Chinese von der Qualitätskontrolle wirft die schadhafte Karosserie als Ausschuss weg.

Wenn ich momentan Modellautos betrachte, suche ich nach kleinen Gussfehlern und zeige dann mit wissendem Blick meinen Sammlerkollegen: „Schau’ mal, hier ist ein Lunker!“ Sie nicken dann und wissen fortan: „Ja, ja, das ist ein Lunker.“ Es lunkert also aller Orten in bundesdeutschen Hobbykellern, in denen sich Modellautos und ihre Herren aufhalten.

Aller Diplomaten Herzenswunsch

Er war das einzige deutsche Großserienauto mit einem amerikanischen Smallblock-V8 unter der Haube, der Opel Diplomat – erst im Diplomat A mit 4,6 Litern, dann im Diplomat B mit 5,4 Litern Hubraum und 230 PS, gebaut 1969 bis 1977. In seiner letzten Ausgabe war der große Opel dem gleichzeitigen Mercedes W116 nicht mehr gewachsen, zumal sein Alleinstellungsmerkmal, der V8-Motor, gegenüber der S-Klasse in den 70ern kein solches mehr war. Zuvor hatte er keine Konkurrenz auf dem europäischen Markt gehabt. Das repräsentative und dabei nicht modische und unaufgeregte Design stammt von Hans Seer und traf anfangs den Publikumsgeschmack, spätestens ab 1973 war es altmodisch. Konstruktiv herausragend am Opel ist seine hoch moderne, hintere DeDion-Einzelradaufhängung zu Zeiten, als Daimler-Benz im W108 an der veralteten Pendelhinterachse festhielt. Weitere Highlights: voll versenkte Scheibenwischer, in die Karosserie geklebte Front- und Heckscheibe, von innen verstellbarer Außenspiegel, belüftete Scheibenbremsen mit Bremskraftregler, optional Niveauregulierung hinten, Faltreserverad.

Norev hat die Baujahresspezifika genauestens recherchiert, der Diplomat ist erste Serie 1969 bis 1972 mit wunderschön wiedergegebenen Radzierkappen mit Speichenimitation, die korrekten Schriftzüge, der richtig dargestellte untere Abschluss des Vinyldaches an der C-Säule. Die Zierleiste wurde zum Modelljahr 1973 anders geführt, das Vinyldach erstreckte sich dann nach weiter unten. Da der Diplomat sein Vinyldach serienmäßig trug, konnte Norev dessen Eigenheiten dreidimensional umsetzen: Abschlusszierleiste an der C-Säule, zwei Längsnähte auf dem Dach. Schön, aber selbstverständlich, sind die Zusatzscheinwerfer auf der Stoßstange, die integrierten Nebelscheinwerfer darunter, der Wagen trägt eine Nebelschlussleuchte und besticht durch zwei dicke Auspuffendrohre. Innen alles bestens, schöne Holzdekoration, vorbildkonformes Lenkrad, weißer, strukturierter Dachhimmel, Lautsprecher auf der Hutablage.

Gleichzeitig zum unlimitierten Schwarzen für den allgemeinen Fachhandel lanciert Norev einen Diplomat in Limonengrünmetallic mit schwarzem Vinyldach, Auflage 300 Stück, zum selben Preis, erhältlich ausschließlich im Norev-Webshop.

afs

Steckbrief:

Norev 183687 Opel Diplomat B 1969 schwarz. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 75 Euro.