Vom Audi nicht zu schlagen
Zu den legendärsten französischen Rallyeautos gehört der fast unschlagbare Peugeot 205 Turbo 16. Vor dem Aus der Gruppe B heimste er ein, was sich anbot, danach verdingte er sich in Offroad-Rallyes. Norev setzt ihm mit dem Monte-Sieger von 1985 ein Denkmal und verwendet dafür ein ehemaliges Solido-Formwerkzeug.
40 Jahre ist es her, dass Ari Vatanen am 1. Februar 1985 in Monaco seinen Triumph feierte: Zusammen mit seinem Co Terry Harryman siegte er bei der Rallye Monte Carlo im heißen Peugeot 205 und ließ den Favoriten Röhrl im Audi Sport Quattro hinter sich. Dritter war erneut ein Peugeot 205 Turbo 16 (Salonen/Harjanne), gefolgt vom Sport Quattro von Stig Blomqvist und Björn Cederberg. Und dann wieder ein Peugeot 205 Turbo, von Bruno Saby gesteuert – und erst dann kamen die anderen. All diese Fahrzeuge fuhren innerhalb von 20 Minuten über die Ziellinie. Da war wirklich nicht der eine schneller als der andere, die waren gleich schnell, wenn über eine 850-km-Rallyedistanz gerade mal 20 Minütchen Unterschied herauskommen. Diese Monte stand im Zweikampf zwischen Peugeot und Audi, und der Löwe bezwang die Vier Ringe. Auch am Ende, als zusammengezählt wurde: Timo Salonen auf Peugeot wurde Rallye-Weltmeister vor Röhrl, Peugeot gewann die Herstellerwertung vor Audi.
Das waren die Rallyezeiten, die keiner vergisst: Die erste Hälfte der 80er, die Gruppe B-Monstren mit Audi Quattro, Lancia 037, Lancia Delta S4 und Peugeot 205 T16, die allesamt mehr als 400 PS mobilisierten, absolut kompromisslos waren und von charismatischen Helden gebändigt wurden. Das faszinierte die Zuschauer dermaßen, dass sie nur wenige Zentimeter entfernt von den brüllenden Boliden standen und sich und die Fahrer gleichermaßen in Gefahr brachten. Natürlich war Audi der Favorit, der Quattro rockte die Saison 1984, Walter Röhrl war Legende. Aber Peugeot ließ seine 400-PS-Rakete 1984 vom Stapel, der junge Ari Vatanen schien mit dem Auto verwachsen zu sein. Peugeot erklärte Audi für die Saison 1985 den Krieg und gewann ihn. Röhrls ganze Erfahrung und sein Pragmatismus halfen nichts gegen den impulsiven Finnen, der mit Bauchgefühl plus Köpfchen fuhr. Und der Bauch trog ihn nicht. Anfangs lag Röhrl in Führung, doch in der Nacht zum zweiten Tag, auf dem Asphalt in Richtung Grenoble, überholte ihn Vatanen, musste aber die Führung wegen einer Zeitstrafe wieder hergeben. Dann entschieden die Reifen. Eine ständige Mixtur aus trockenem Asphalt, Eis und Schnee. Der Finne entschied für schneetaugliche Bereifung, der Deutsche setzte auf asphaltgeeigneten Gummi. Der Finne lag richtig, der Deutsche falsch. So ist das eben. Die Gallier schlossen den Finnen ins Herz, feierten ihn frenetisch, denn er fuhr Peugeot und dem Walter davon, dessen Audi buchstäblich eine blutige Nase davontrug.
Wer auch nur ansatzweise Rallyewagen in seinem Modellportfolio hat, miniaturisierte den Peugeot 205 Turbo 16 in der ein oder anderen Form, quer durch die Maßstäbe. Sogar Herpa, nicht unbedingt ein Rallyespezialist, war er einen zeitgenössischen 87er wert. Norev ist auch nicht gerade ein Rallye- und Rennsportspezialist (zumindest nicht im Vergleich zu beispielsweise Ixo oder Minichamps), aber einen Peugeot 205 Turbo 16 hat Norev im 1:18-Programm. Für einen französischen Hersteller gehört das zur Staatsraison, wie DS und SM. Wie erfolgreich dies ist, sieht man darin: Kaum vorgestellt, schon werksseitig ausverkauft. Aber beim Händler ist das Modell erhältlich. Er kann nach dem Abverkauf jedoch nicht mehr nachbestellen.
Einer Oma guckt man nicht unter den Rock
Der Peugeot 205 Turbo 16 ist ein speziell konzipiertes Motorsportgerät und hat mit dem Peugeot 205 vom Fließband allenfalls die Silhouette und ein par Marginalien (vielleicht die Rücklichtgläser) gemein. Sein Rückgrat ist ein Gitterrohrrahmen mit Mittelmotor, Allradantrieb, bei Heuliez gefertigte Karosserie aus Kevlar, an der sich das komplette Heckteil inklusive der hinteren Dachpartie sowie die gesamte Front (Motorhaube zusammen mit den beiden Kotflügeln) aufklappen lassen. Die Rallyefahrzeuge sowie die für die Homologation nötigen Straßenversionen wurden im Simca-Werk in Poissy hergestellt, die Ur-Version 1983, die an einem viel größeren Dachkantenspoiler identifizierbare Evo-2-Version 1985. Der führende Kopf hinter der Entwicklung war der Peugeot-Talbot-Sportchef Jean Todt. Das Auto bescherte Peugeot 1985 und 1986 den Weltmeistertitel, den Fahrertitel holten in der ersten Saison Timo Salonen und in der zweiten Juha Kankkunen. Dann kam das Gruppe-B-Aus in der Rallye-WM, der 205 T16 wurde arbeitslos, wurde aber nicht in Pension geschickt. Er verdingte sich fortan bei Rallye-Raids und gewann 1987 die Rallye Paris-Dakar und die Pharaonen-Rallye, 1988 ebenfalls Dakar-Sieger. Und weil ihm das immer noch nicht reichte, holte sich der 205 Turbo 16 zwischen 1987 und 1990 vier Mal in Folge die Rallyecross-Europameisterschaft. Versagt hat dieser Champion eigentlich nur bei einer Veranstaltung: Das Pikes-Peak-Rennen 1987 gewann er nicht, hier musste er sich (endlich mal!) von Walter Röhrl im Audi Sport Quattro E2 geschlagen geben.
Das Modell ist schon ein „uralter Hund“ und kann und darf nicht mit aktuellen Norev-Neuerscheinungen in einen Topf geworfen werden. An diesem Peugeot ist der formenbauerische und konstruktive Fortschritt der vergangenen Jahre deutlich zu sehen. Die Gesamtform ist stimmig und schlüssig, die Dekoration gut. Aber das Modell hat einige Charaktereigenschaften, die man mit einem heutigen Norev nicht mehr verbindet: elende Doglegs als Türscharniere, eine mit einer rabenschwarzen Kreuzschlitzschraube am Dach befestigte Halterung für den zu öffnenden hinteren Karosserieteil (der nicht von selbst aufhält), darunter zwar ein Gewirr an Rohren, aber vom Motor ist nahezu nichts zu sehen, und was zu sehen ist, wirkt plastikhaft. Da der hintere Bereich nicht offen halten möchte, sollte er besser geschlossen bleiben. Der ausgeräumte Rallye-Innenraum hingegen ist betrachtenswert, nett die Seitenscheiben mit geöffnetem Ticketfenster. Das vordere Karosserieteil lässt sich nicht öffnen, immerhin ist der T16 lenkbar.
Dieses ist kein originales Norev-Modell. Es entstammt einer von Solido konstruierten Form, die gut abgehangen und gereift ist. Beim letzten Konkurs von Solido, bevor Z-Models die Firma und Simba-Dickie den Namen Solido erwarben, wurden vom Konkursverwalter einige Formwerkzeuge angepriesen, und Norev schlug zu. Diese Werkzeuge gehören seit gut zehn Jahren Norev und werden immer mal wieder abgestaubt und in Betrieb genommen. Er sieht gut aus in der Vitrine, der Peugeot 205 Turbo 16, Lack und Bedruckung sind prima und auf Norev-Niveau, aber man sollte ihn in Ruhe lassen und nicht erkunden wollen. Ein wohl erzogener Sammler guckt einer Oma nicht unter den Rock.
afs
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Modellfotos: bat
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Foto: Alexander Migl
Steckbrief:
Norev 184864 Peugeot 205 Turbo 16 Evolution 1 Rallye Monte Carlo 1985 (#2, Ari Vatanen). Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 75 Euro.