Faszination Modellautos

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News 1:18 Solido Citroën 2CV AZAM 1966

Adoptiv-Ente

1966 brachte Citroën die Ente auf den technischen Endstand. Danach tat sich beim 2CV nichts Wesentliches mehr. Ihren Einstand gab die ultimative Version mit dem Luxusmodell 2CV AZAM. Den bringt nun Norev. Aber es ist kein Norev-Modell, sondern entstammt einer aufgekauften Solido-Form. Außerdem ist die Miniatur im ungewöhnlichen Maßstab 1:17. Für 1:18-Sammler ist das zumindest irritierend.

Solido hatte ein turbulentes Vierteljahrhundert zu überstehen, bis die 1932 gegründete Traditionsfirma wieder in ruhiges Fahrwasser geriet und seit 2015 zu Z-Models gehört. Zuvor gab es abwechselnd Boom-Zeiten und Pleiten sowie stets wechselndes Management, das für sich jeweils in Anspruch nahm, das Allheilmittel zur Sanierung von Solido zu kennen. Zu diesen Allheilmitteln gehörte auch eine Serie großer Modellautos, plus/minus 1:18. Plus/minus deshalb, weil sich Solido zu einem „fit-the-Box“-System entschied, wie weiland Matchbox. Da gab die Größe der Verpackung, eben die Matchbox (= Streichholzschachtel), den Maßstab des jeweiligen Modells vor. So machte es Solido Ende der 80er Jahre auch: Der große Rolls-Royce Silver Cloud war im Maßstab 1:20 gehalten, der kleine Citroën 2CV und VW Käfer in 1:17. So passten sie in identische Verpackungen, was dem Fachhandel die Lagerhaltung erleichterte, aber dem Sammler alles andere als gleichgültig war. Die Modelle waren für die damalige Zeit schön gemacht, es waren mit die ersten Großmodelle aus Zinkdruckguss jenseits der Bburago-/Maisto-Schwemme, die preislich erschwinglich waren. Damals kostete ein Solido-Großmodell zwischen 40 und 45 D-Mark.

Solido-Formen im Norev-Fundus

Im Zuge einer der mannigfachen Solido-Pleiten wurden Formwerkzeuge verschachert, und Norev schlug bei einigen zu. So auch beim 1966er Citroën 2CV AZAM. Der ist nun neu erschienen, und wie zu erwarten war, schrumpfte er nicht im Zuge des Werkzeugalterungsprozesses, sondern ist nach wie vor im Maßstab 1:17 gehalten. Er ist also zu groß, er passt nicht zu den anderen Norev-Enten, er passt eigentlich nicht in eine 1:18-Sammlung. Man kann sagen, dass man das nicht zu eng sehen sollte. Man kann es aber auch bewusst so eng sehen. Wer 1:18 sammelt, sammelt 1:18 und nicht 1:17 – und wenn das Modell noch so hübsch ist. Es ist hübsch, aber es entspricht nicht der heutigen Norev-Qualität. Es entspricht auch nicht der früheren Norev-Qualität. Es entspricht der Solido-Qualität aus den späten 80ern – auch wenn es heute bei Norev gefertigt wurde, Lack und Chrom ebenso einwandfrei sind wie die Verarbeitungsqualität und der Zusammenbau. Man sieht dem Modell einfach an, dass es nicht in die Norev-Reihe passt, es entspricht nicht dem Norev-Stil. Norev hat sich dazu entschieden, das Modell zu bringen, weil die Möglichkeit dazu vorhanden ist. Norev hätte sich genauso gut dagegen entscheiden können. Vielleicht wäre das besser gewesen.

Typisch für den ’66er 2CV AZAM ist Gris Rosé

Isoliert betrachtet, ist das Modell schön. Die Lackierung Gris Rosé AC136 ist typisch für die erste Deluxe-Version der Ente, auf der Citroën-Farbpalette zwischen September 1966 und September 1969, dieselbe Farbe, die weiland Dinky Toys für das identische 1:43-Spielzeugauto auswählte, auch Wiking brachte seine ’66er Ente im Jahre 2020 in Gris Rosé. Neben dieser unlimitierten Fachhandelsfarbe bringt Norev den 2CV AZAM auch in seinem Online-Shop, je 200 Exemplare in Bleu Cyclades AC622 und in Vert Agave AC514. Satter Lackauftrag, saubere Verarbeitung, nach oben geklappt geöffnete vordere Seitenfenster, sehr hübsch sind die verchromten Rammschutzbügel auf den Stoßstangen, die Ente trägt Chrom, was sie als Luxusversion AZAM auszeichnet (Zierleisten, Radkappen), den im Erscheinungsjahr 1963 erstmals aus Blech gefertigten Kofferraumdeckel (zuvor Planenverdeck). Der 2CV AZAM war eine ganz feine Ente: 18 PS stark, 95 km/h schnell, zwei Bremsleuchten, Radkappen vom Ami 6, verchromte Scheibeneinfassungen rundum, Zierleisten unterhalb der Seitenscheiben, verchromte Scheibenwischerarme und Scheinwerferzierringe, innen verschiebbare, sesselartige Sitze in der Art des Ami 6, neues Lenkrad mit V-förmigen Speichen, Scheibenwascher, zweite Sonnenblende mit Make-up-Spiegel, Hutablage. Das 1966er-Modell, die Norev-Neuheit, trug ein drittes Seitenfenster, einen neuen Kühlergrill mit drei Horizontalstreben, verstärkte Stoßstangen mit Kunststoffeinlagen, rein technisch erwähnenswert die Umstellung von 6 auf 12 Volt sowie homokinetische Gelenkwellen serienmäßig im AZAM. Im Folgejahr 1967 wurde er umgetauft: aus 2CV AZAM wurde 2CV Export und vordere Einzelsitze ersetzten die Sitzbank. Danach musste der Luxus-2CV abtreten, an seine Stelle trat die Dyane.

Türen und Kofferraumdeckel sind nicht zu öffnen. Die Motorhaube theoretisch schon, aber sie verweigert sich an unserem Exemplar, und gewalttätig werden wir gegenüber Wasservögeln nie. Das gefederte Fahrwerk entspricht in seiner Funktion zwar dem Norev-Stand, aber nicht in der Ausführung. Alles scheint unterdimensioniert konstruiert, wir getrauen uns kaum, das Modell zu federn aus Furcht, etwas könnte brechen. Das gleiche gilt für den Lenkmechanismus. Formal ist die 1966er Ente gut getroffen. Lediglich die Zierleiste mit „Citroën“-Schriftzug zwischen hinterem Verdeckende und Oberseite der Kofferraumklappe ist wesentlich zu schmal geraten. Und das Auto ist schlichtweg zu groß, 1:17 eben und nicht 1:18.

Es wäre für Norev kein unzumutbarer konstruktiver Aufwand gewesen, aus dem vorhandenen 1974er 2CV einen 1966er AZAM zu machen. Aber es wäre ein Aufwand gewesen. Ihn hat Norev gescheut und statt dessen lieber das alte Solido-Werkzeug in Betrieb genommen. Das konnte man so machen. Man hätte es aber auch anders machen können. afs

Steckbrief:

Norev 181430 Citroen 2CV AZAM 1966 Gris Rosé. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:17. UVP 69,90 Euro.