Faszination Modellautos

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News 1:43 Corgi Retro-Spielzeugautos

Die alten Corgis kehren zurück

Renaissance alter Corgi-Toys-Spielzeugautos: Hornby legt vier Corgi-Modelle aus den 60er Jahren neu auf, mit denen wir als Kinder spielten. Nun also auch Corgi! Niemand lässt sich das einträgliche Retro-Geschäft entgehen. Die Corgi-Interpretationen sind ausgesprochen authentisch, die Modellauswahl hübsch und die Neugierde auf Weiteres ist groß.

Nun auch Corgi Toys. Unter den Traditionalisten gehört Corgi Toys zu den Letzten, der auf den Retro-Spielzeug-Zug aufgesprungen sind. Der Atlas-Verlag ließ in riesigen Serien die alten Dinky-Toys-Miniaturen wieder aufleben, Wiking lebt nahezu ausschließlich von seiner Tradition, Norev kaufte aus diesem Grund die Namen längst untergegangener Traditionsfirmen auf (CIJ, Spot On), Solido erkannte das Potenzial der eigenen Vergangenheit, Märklin brachte sein jährliches Replika-Modell, Schuco schuf sogar „Repliken“ von Originalen, die es bei Schuco gar nie gab –  die Reihe ließe sich fast beliebig fortsetzen. Und wir sprechen hierbei nicht von Modellautos nach historischen Vorbildern, sondern von der Wiederbelebung originalen Spielzeugs aus entweder originalen Werkzeugen oder aus neu geschaffenen Formen, die dem Original nachempfunden sind. Die vorliegenden Corgis sind dermaßen originalgetreu gemacht, dass wir mit bestem Willen nicht sagen könnten, ob sie aus originalen oder neu gefertigten Werkzeugen stammen – wenn wir es nicht wüssten: Sie sind neu.

Zudem spricht die Modellhistorie dafür. So erscheint beispielsweise der Jaguar E Type in seiner Urversion, wie ihn Corgi Toys 1966 auf den Markt brachte. Das Modell wurde von Corgi Toys anschließend mehrfach modifiziert und dafür wurden die Werkzeuge überarbeitet: zunächst Umstellung von Regular Wheels auf Whizzwheels, danach Modifikation vom E-Type 4.2 Litre Serie 1 1966 zum E Type V12 5.3 Litre Serie 3 1971. All das hätte für das aktuelle Replikat, das die Urversion wiedergibt, rückgängig gemacht werden müssen. Die Replikate sind nicht mehr made in Great Britain, sondern made in China, und genau das steht auch auf den Chassis’ zu lesen. Entsprechend ist die Qualität, vor allem der Lackierung. Corgis bestachen schon immer durch eine gute Lackierung, aber Handarbeit aus dem walisischen Swansee aus den 60ern ist nicht mit neuzeitlicher Chinaqualität vergleichbar.

Schwelgen in Nostalgie

Retro ist ein Geschäftsmodell, nichts weiter. Welches Jahrzehnt angesagt ist, unterliegt zwar der allgemeinen Mode, aber auch der konkreten Zielgruppe. Retro-Spielzeugautos aus den 60er Jahren sprechen die kaufkräftige Kohorte derer an, die als Kinder damit spielten und die heute zwischen 50 und 70 Jahren alt ist. Die lockt man nicht mit 80er-Jahre-Modellen. Die 80er-Jahre-Modelle wiederum sprechen die heute rund 40jährigen an, die Hauptzielgruppe für den Maßstab 1:18.

Das Nostalgiegefühl der Sammler wird durch entsprechendes Retro-Marketing ausgenutzt. Auch eine Rolle spielt der Déjà-vu-Effekt, die Erinnerung an etwas, das man früher schon mal erlebt oder besessen hat: Das Corgi-Retro-Modell in der Corgi-Retro-Schachtel triggert den älteren Herrn ganz einfach. Obendrein suggeriert die Möglichkeit, das Alte heute wiederbekommen zu können, eine Kontinuität im Lebenslauf. Das heißt, das Corgi-Retro-Modell ist schlichtweg identitätsstabilisierend. Und Kindheitserinnerungen sind eben für alle Menschen wohltuend, weil zumindest die Gruppe der nach 1950 Geborenen die Zeit ihrer Adoleszenz als die freiheitlichste aller Zeiten erlebt hat. Für die Modellautokonzerne ist das Ganze einträglich, zumal es mit wenig konstruktivem und geschäftlichem Risiko verbunden ist: Ein vorhandenes, antiquarisches Modellauto konstruktiv nachzubauen ist ein einfacheres Unterfangen, als ein „echtes“ Auto aufgrund von Werksdaten zu konstruieren oder gar selbst ausmessen und fotografieren zu müssen, um an die CAD-Daten zu kommen.

Die Retro-Corgis sind am Start

Corgi Toys ließ sich sehr viel Zeit. Hornby dachte wohl, die Vanguards-Reihe mit Fahrzeugen nach historischen Vorbildern würde reichen. Aber nun gibt Hornby Gas mit den „Vintage Corgi Toys“. Zunächst wurden der Ford Thames Eisverkaufswagen und der Land Rover Abschleppwagen als hundertprozentige Corgi-Toys-Wiederauflagen realisiert, anfangs im Direktvertrieb, um die Akzeptanz zu testen. Bewährungsprobe bestanden, nun kommen Retro-Corgis in den Fachhandel. Nicht nur der ewige James-Bond-Aston-Martin, den es ebenso wie den Chitty Chitty Bang Bang schon länger gibt, sondern ganz normale Corgi-Toys-Modelle aus den 60er Jahren. Dabei ist die Art der Umsetzung offenbar noch in einer Probephase, denn sie ist nicht einheitlich. Drei der vier Modelle werden im gleichen Farbton lackiert, wie die originalen Corgis aus der Zeit (was auf den ersten Blick zu Verwechslungen führen kann), das dritte Modell, der Ford Mustang, ist ganz anders lackiert als dazumal und gibt sich somit eindeutig als Replikat zu erkennen. Letzteres bevorzugen wir.

Zunächst die Boxen: Eindeutig als Replikate zu erkennen, nicht nur wegen der heute notwendigen Textverweise mit CE-Zeichen und Strichcode, sondern auch in Bezug auf die Haptik: laminierter Karton, was es im Original nie gab, die Farben sehen eher nach Photoshop denn nach Offsetdruck aus. Da ist so manche privat am Farbkopierer hergestellte Reprobox authentischer als das, was Corgi Toys liefert. Der Jaguar E Type hat keine Kartonbox, sondern eine aufwändige (und dem Original entsprechende) Blisterbox mit Kartonhintergrund, was sich in der Vitrine besonders gut macht. Hornby ist es sogar gelungen, diese Blisterbox so zu gestalten, dass sie beim Öffnen nicht kaputt geht (wie früher), sondern wieder verschließbar ist.

Die Autos: klasse gemacht! Formal ist bis auf den „made in China“-Schriftzug kein Unterschied zu den Originalen zu erkennen. Doch der Schriftzug alleine ist ausreichend, um die Originale nicht zu entwerten.

Der Volvo P1800 in Rot kann nichts außer federn. Bei ihm wird der handwerkliche Fortschritt sehr deutlich: Waren früher die „Chromteile“ schabloniert mit silberner Farbe gespritzt und somit niemals hundertprozentig akkurat, so wird heute kantengenau bedruckt. Der Volvo trägt die Corgi-Normräder, generisch, nicht typspezifisch, aus Aluminium gedreht. Denen sieht der erfahrene Sammler als einzigem Bauteil an, dass es keine echten Corgi-Felgen sind. Sie wirken nämlich eher wie Dinky-Felgen. Der Porsche Carrera 6 beherbergt, wie vor 50 Jahren, eine Rennfahrerfigur, die Motorklappe öffnet sich und offenbart die Maschine, das Modell ist zweifarbig weiß mit roten Türen, Frontdeckel und Schwellern. Wie damals, ist die Heckscheibe völlig wirklichkeitsfremd dunkelblau getönt. Der Mustang Fastback, mit den gleichen gegossenen Rädern wie der Porsche versehen, hat zu öffnende Türen mit halb herab gekurbelten Scheiben und einer separaten Türinnenverkleidung, die Rücksitzlehnen lassen sich nach vorne klappen. Hier nahm sich Corgi ein eher spätes Modell zum Vorbild, auf dessen Hutablage leider kein Wauwau mehr sitzt. Zu den Gimmicks der ersten Corgi-Mustang-Miniaturen gehört nämlich, dass sich dort ein vierbeiniger Corgi-Hund räkelt, was sehr putzig aussieht. Der Mustang ist in sattem Goldmetallic lackiert, die Motorhaube mattschwarz. Diese Farbe gab es auf dem zeitgenössischen Modell nie.

Der E Type gehört zu den damaligen Visitenkarten von Corgi Toys: sehr aufwändig gemacht, viel separat eingesetzter Chrom, Türen, Motorhaube und Heckklappe zu öffnen, weißer Heckschriftzug als Decal (man sagte damals „Abziehbild“ oder „Nassschiebebild“, die Briten bevorzugten „water slide decal“), separate Rückspiegel, verchromtes Motorwunder, Türinnenverkleidungen, teilweise herab gekurbelte Seitenscheiben, einzeln eingesetzte, zweiflutige Abgasanlage aus brüniertem Metall, gegossene und durchbrochene Speichenfelgen. Das war kaum mehr ein Spielzeug, das war ein Modell, und so manche spät geborenen Modellautos seit den 90er Jahren hätten sich an diesem Corgi-Wunderwerk durchaus ein Beispiel nehmen können. Auch hier gilt: Das Replikat ist so schön wie das Original, und die Farbe Dunkelblaumetallic gab es, nebst Rot, auch beim Corgi-Modell aus den 60ern.

Nachdem es dank des verblichenen Atlas-Verlages und seiner „Dinky Collection“ (Konstruktion und Produktion: Norev) mittlerweile Dinky-Replika-Sammlungen gibt, die in die Hunderte gehen, ist nun also die Corgi-Fraktion dran, ihre Nostalgie-Sammlung made in der Gegenwart aufzubauen. Im Gegensatz zu den Dinky-Jüngern müssen sie keine Abos abschließen, sondern können die Modelle direkt im Fachhandel kaufen.

afs

Steckbrief:

Corgi Toys RT33501 Jaguar E Type 4.2litre 2+2 Serie 1 1966 blaumetallic, RT33001 Porsche 906 Carrera 6 1966 weiß/rot, RT22801 Volvo P1800 1961 rot, RT32001 Ford Mustang Fastback 1965 goldmetallic/mattschwarz. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab circa 1:43. UVP je 21,99 britische Pfund, also circa 25 Euro.