Wie d’r Daimler unseriös wurde
Seriosität der Marke war für viele Menschen ein Grund, einen Mercedes zu kaufen. Dann kam der 190 E 2.3-16, werksseitig ein Unseriösling. Die Konservativen waren erschüttert. So mancher, der sich zuvor nie in einem Mercedes vorstellen konnte, zeigte sich begeistert. Maxichamps erinnert an den legendären Sechszehnventiler, genau zu dessen 40stem Geburtstag.
Es waren genau zwei Lackfarben, die für den Mercedes 190 E 2.3-16 erhältlich waren: Blauschwarz (englisch Blue Black) und Rauchsilber (englisch: Smoke Silver). Beide Töne blieben auch seinem Nachfolger 2.5-16 erhalten, darüber hinaus etwas mehr Farben, und sogar die Typen Evo I und II freuten sich über Blauschwarz (und nichts als das). Wer als Modellautohersteller also einen 190 E 2.3-16 macht, hat genau zwei Farben zur Auswahl; wer ihn, wie Maxichamps, gleichzeitig in zwei Farben herausbringt, erschöpft sein Potenzial in einer Auslieferung. Doch der Vorteil einer nicht limitierten Produktion ist, dass man jederzeit Nachfertigungen in denselben Farben bringen kann. Wer seine Modelle limitiert fertigt, hat diese Möglichkeit nicht. Denn es würde eine garantierte Limitierung konterkarieren, wenn das Modell in derselben Aufmachung erneut erschiene. Maxichamps-Modelle sind nicht limitiert. Zumindest nicht nach kommunizierten Produktionszahlen. Limitiert sind sie natürlich. Maxichamps produziert nicht unendlich viele Modellautos.
Jetzt kommt also der Baby-Benz in seiner ursprünglichen Sportversion, der 190 E 2.3-16, von Maxichamps, den es von Minichamps bereits gab, in denselben Farben. In welchen denn sonst?
Der 2.3-16 im Werkstuning-Look und mit Vierventilermotor, entwickelt in Kooperation mit Cosworth, wurde auf der IAA 1983 vorgestellt und ging ein Jahr später in Produktion. Bis Herbst 1988, also bis zur Modellpflege 1, war er erhältlich. Normalerweise 185 PS, in der RÜF-Version 170, mit Kat 170 Pferde. Er mischte die Szene auf, BMW reagierte verstört mit dem M3. Letztlich war der sportlichste Baby-Benz ein One-Hit-Wonder, denn er hatte weder einen Vorgänger noch einen Nachfolger. Daimler-Benz erschrak wohl selbst über die eigene, bestandene Mutprobe. Denn tatsächlich waren der 2.3-16 und der folgende 2.5-16 viel zu unseriös für das damalige Selbstverständnis des Unternehmens. Die Kunden wussten auch nicht, wie mit ihm umzugehen ist. Der Autor hatte eine Kommilitonin, eine „höhere Tochter“, deren Papa ihr einen 2.3-16 vors Münchner Luxusappartement stellte. Sie genoss die Aura und den Ledergeruch des Wagens, sonnte sich in seinem Glanz und benutzte ihn täglich für die vier Kilometer quer durch Schwabing zur Ludwig-Maximilians-Universität. Der Wagen machte es nicht lange. Dann schimpfte sie auf die Marke… Ein anderer Kommilitone, nunmehr männlichen Geschlechts und Sohn von Beruf, hatte auch einen, ebenfalls ein Geschenk vom alten Herrn. Er wohnte in Obermenzing, nur 500 Meter vom Beginn der A8 entfernt, und liebte es, den eiskalten Motor voll auszudrehen. Auch er hatte bald Grund, auf das Auto zu schimpfen. Denn Papa zahlte keinen Austauschmotor. Andere gingen gut mit ihm um. Diejenigen 190 E 2.3-16, die auf der Sonnenseite des Autolebens geboren waren, leben noch heute. Insgesamt waren es rund 20.000 Fahrzeuge innerhalb von vier Jahren.
Dieser Salonsportler hat eigentlich immer Konjunktur. Maxichamps braucht keinen Anlass für die Produktion. Und doch…: 40 Jahre 190 E 2.3-16, ein runder Geburtstag. So viel Fahrspaß ein echter 190 E 2.3-16 vermittelt (wenn man mit ihm umzugehen weiß und nicht die Fehler der Kommilitonen macht), so viel Spaß vermittelt auch die Maxichamps-Interpretation. Das sind super Miniaturen, und hier stört nicht mal der schwarze Innenraum. Denn wie sonst, außer schwarz, soll er denn sein?
afs
Steckbrief:
Maxichamps 35600 Mercedes 190 E 2.3-16 W201 1983 Rauchsilber und 35601 dito Blauschwarz. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP je 37,95 Euro.