Die Mode von gestern
Während die anderen den C192 propagieren, haut Norev nochmals den C190 raus, die bisherige Generation des Mercedes-AMG GT in seiner Spitzenversion GT R, in rattigem Mattschwarz. Wir sind natürlich gedanklich längst beim aktuellen Modell, freuen uns aber, nochmals mit der Mode von gestern konfrontiert zu werden.
Wer hip ist, für den ist das Gestrige ein No-Go. Auch ein Auto, dessen Produktion ausgelaufen ist. Es ist doch grausig, wenn der Leasingvertrag noch läuft, aber bereits ein neues Modell im Ausstellungsraum für Gesprächsstoff sorgt. Da wird ein fast neuer Wagen sofort zur alten Karre, derer man sich schämen muss. Wer heute noch einen Mercedes-AMG GT der Baureihe 190 fährt, ist ein armer Tropf, ein Provinzler, nicht satisfaktionsfähig. 2021 lief die Baureihe aus, da trug „mann“ noch Vollbart, da war Pandemie, da kaufte man Biontech-Aktien, da rätselte man über biographische Brüche einer späteren Bundesaußenministerin und man diskutierte noch darüber, ob Mercedes mit dem AMG GT im Porsche-Revier wildern dürfe, ob das moralisch in Ordnung sei – das ist alles so weit weg! Natürlich, der Durchschnittsbetrachter sieht zwischen dem Vorgänger und dem Nachfolger kaum einen Unterschied, aber darum geht es nicht. Der Mercedes-AMG GT der Baureihe 192 ist seit 2023 etabliert, und auch angekommen im Elfer-Segment. Niemand moralisiert mehr über ihn. Er ist es, den man haben muss in angesagten Kreisen. Wer noch den alten 190er hat, der ist ein armer Hund! Der wird’s nie zu etwas bringen.
Für all diese bringt Norev nun eine neue Farbvariante des alten, des ollen AMG GT, nennt sich Black Magno, man könnte auch Mattschwarz sagen. Norev kann ja nicht anders. Die Ausschreibung für den neuen AMG GT als Industriemodell gewann i-Scale, nicht Norev. Also muss Norev aus dem bisherigen Modell noch etwas herausziehen, solange es verkäuflich ist. Über Mattlacke, Verzeihung, Magno-Lacke, kann man sehr geteilter Meinung sein. Aber ausgerechnet Mattschwarz ist schon äußerst delikat. Eigentlich ist das der so genannte Rat Look oder auch Rat Style, also eben rattig, und wer ein AMG-GT-Auto fährt, mag im Normalfall nicht als rattig gelten (selbst wenn er sich aus Modegründen daheim ein Frettchen hält). Zudem war der mattschwarze Rat Look eine Mode von vor 15 Jahren… Natürlich ist ein mattschwarzer AMG GT auch ein Ausdruck einer gewissen Selbstironie, der 200.000-Euro-Wagen, der eben nicht nach Schickimicki aussieht. Aber Punk ist ja auch keine Lebenseinstellung mehr, sondern eine Modeaffaire.
Den AMG GT von Norev kennen wir, es gibt ihn als normalen GT, als GT S und als GT R, prima gemacht, die mattschwarze Neuheit ist ein GT R, das damalige Topmodell. Als er beim Festival of Speed im britischen Goodwood 2016 standesgemäß präsentiert wurde, war er mattgrünmetallic (Green Hell Magno). Diese Farbe hat sich im Bewusstsein der Fans eingeprägt, das ist die Farbe schlechthin für diesen Wagen. Da ist mattes Schwarz eine ganz interessante Alternative. Am GT R ist nahezu nichts gleich wie beim „normalen“ GT. 585 statt 510 PS leistet der 4-Liter-V8-Biturbo, und die Karosserie unterlief aerodynamischem Feinschliff. Die vorderen Kotflügel und das Dach sind aus Carbon, letzteres auch beim Norev-Modell offenkundig, der GT R ist signifikant breiter als der GT und bekam speziell entwickelte Schmiederäder (vorne 19, hinten 20 Zoll) mit Dunlop-Semislicks. Sein Grill mit den vertikalen Streben nahm denjenigen des Serien-GT um ein Jahr voraus und er sollte Assoziationen wecken an den legendären 300 SL Rennsport-Prototyp aus den frühen 50ern.
afs


Modellfotos: bat
Steckbrief:
Norev 351352 Mercedes-AMG GT R 2019 mattschwarz. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP 39 Euro.