1/43

News 1:43 Norev Renault 21 Nevada 1992 in sieben Varianten

Sieben auf einen Streich

Der Renault 21 in seiner Kombi-Version Nevada feiert bei Norev fröhliche Urständ: In gleich sieben Versionen erscheint das Modell neu, keine Neuheit, aber ein Wiedersehen nach vielen Jahren. Und dann gleich so vielfältig!

Hinter dem Wagen stand ein großer Designer, der zwar eher Mainstreamiges zeichnete als Außergewöhnliches. Aber Giorgetto Giugiaro war damals angesagt und stilbildend. Wer als Autohersteller Giugiaro gewinnen und beauftragen konnte, wusste, nichts falsch zu machen. Renault gab den R21 bei ihm in Auftrag, einen Viertürer mit Stufenheck oder großer Heckklappe sowie einen Kombi mit etwas längerem Radstand. Er hatte ab Frühjahr 1986 den erfolgreichen R18 zu ersetzen, lebte knapp acht Jahre und machte dann nach und nach dem ersten Laguna Platz: Er kam Anfang 1994 statt des Schrägheck-R21. Die R21-Stufenheckversion hatte noch ein Jahr Schonfrist und musste dann ersatzlos gehen. Und der Break wurde bis Ende 1995 gebaut (weil es keinen Laguna Kombi gab), verlor aber die Bezeichnung „R21“ und hieß nur noch „Renault Nevada“. Nevada ist ein US-Bundesstaat, und Renault war damals sehr mit den USA verbandelt: Renault hielt eine Minderheitenbeteiligung an der American Motors Corporation (AMC) und verkaufte etliche amerikanisierte Pkw in den USA über deren Händlernetz, war dadurch auch an der Marke Jeep beteiligt und hielt obendrein 10 % am US-Lastwagenhersteller Mack. Der Name Nevada sollte sicherlich das US-Interesse verkörpern und den Wagen den US-Käufern schmackhaft machen. Ein Jahr nach seiner Einführung verkaufte Renault seine AMC-Anteile, um vom Abwärtsstrudel, in dem sich AMC befand, nicht mitgerissen zu werden. Chrysler zeigte Interesse und schlug zu. So mancher AMC unter Chrysler-Ägide war weiterhin eine Renault-Konstruktion, zum Beispiel der Eagle Premier, eine amerikanisierte Stufenheckversion des R25 und ebenfalls eine Giugiaro-Schöpfung. Und den R21 gab es dort als Renault Medaillon und später, unter Chrysler-Ägide, als Eagle Medaillon. Und noch etwas soll zur baylonischen Sprachverwirrung beitragen: Der Kombi, also der R21 Nevada, hieß in Großbritannien R21 Savanna.

Sogar ein Staatspräsident fuhr Renault 21

Eine konstruktive Eigenheit war, dass der Basismotor (1,7-Liter-Vierzylinder) quer eingebaut war, die größeren Maschinen hingegen längs, was zu leicht unterschiedlichen Radständen führte. Das erste Facelift im Mai 1989 brachte mehr Rundungen und eine notwendige Turbo-Version des 2 Liters, denn Turbo war das Schlagwort der 80er Jahre, ohne Turbo im Programm ging gar nichts. Obendrein gab es Allradantrieb, der andere Trend der 80er in Straßenfahrzeugen (Renault nannte sein System „Quadra“). Sogar als Staatslimousine kam ein stinknormaler R21 zu Ehren: Der tschechische Literat und Oppositionsführer Václav Havel bekam vom portugiesischen Präsidenten Mário Soares einen R21 TSE geschenkt. Und als Havel selbst 1989 Staatschef der ČSSR wurde, nutzte er seinen Privatwagen eine Zeitlang als offizielle Staatslimousine. Dieser Wagen in dunklem Grünmetallic und mit originalem Kennzeichen (AD0 30-44) existiert noch, ein R21 TSE nach dem 1989er Facelift, den Norev im 1:43-Formenfundus hat. Tschechische Kunden würden sich sicherlich darauf stürzen.

Den Kombi Nevada hat Norev schon länger im Programm und entschloss sich nun, die Werkzeuge wieder hervorzukramen und abzustauben. Das mag sich für eine oder zwei Farbvarianten lohnen, amortisiert sind die Formen sicherlich schon lange. Noch mehr lohnt es sich aber, wenn man gleich sieben Varianten bringt, denn ein französischer Pkw-Kombi der späten 80er hat das Potenzial zu vielen Versionen: privat, Police, Gendarmerie, Feuerwehr, Rettungsdienst, und die Gendarmerie kommt gleich zwei Mal in den Genuss eines Norev R21 Nevada. Weil dafür mehr Farbe als für eine Soloversion benötigt wurde und Norev wohl zu viel dunkles Blau gekauft und aufgerührt hatte, entstand auch noch eine zivile Version im Gendarmerie-Dunkelblau. Das ist die langweiligste der R21-Nevada-Versionen, weit hübscher ist die rote Schwester, denn die trägt nicht nur die serienmäßige Dachreling in verchromter statt schwarzer Ausführung, sondern ist auch noch beladen, mit einem „Dachsarg“ (also einer Gepäckbox) und einer Art Surfbrett. Solche Accessoires lockern und werten ein Modellauto stets auf.

Mit und ohne, und das unterschiedlich positioniert

Die Einsatzfahrzeuge basieren alle auf demselben Ausgangsmodell, sind aber unterschiedlich ausgestattet, je nach Vorbild: mal mit, mal ohne Dachreling, konventionelle Rundumleuchte oder Blaulichtbalken, der unterschiedlich positioniert ist, manche Modelle tragen eine oder zwei Antenne(n), ebenfalls an unterschiedlicher Stelle befestigt. Norev beschränkt sich also nicht nur auf unterschiedliche Außenfarben und Bedruckungen, sondern schafft vorbildkonforme Einsatzfahrzeuge.

In Frankreich wird zwischen Gendarmerie und Police unterschieden. Die Gendarmerie ist dem Verteidigungsministerium unterstellt und hat militärischen Charakter, die Police ist, wie in Deutschland, dem Innenministerium zugeordnet. Grob: Die Gendarmerie ist für den ländlichen Bereich zuständig, die Police für den städtischen. Zwei dunkelblaue Gendarmeriemodelle, einmal ganz normal mit Blaulichtbalken und Antenne auf dem Dach, zum anderen ein R21 Nevada der Abteilung Info-Recruitment (also: ein Werbefahrzeug, um neue Gendarmen zu rekrutieren) mit Blaulicht und weißer Längsbanderole mit Bewerbungstelefonnummer. Die Polizeiversion ist weiß mit bunten Streifen, Gelblichtbalken und Blaulicht. Der Feuerwehrwagen ist in französischer Nomination ein VTULE, ein Véhicule Tout Usage Léger, also ein leichtes Allzweckfahrzeug. Es transportiert eine Erstehilfetasche, Feuerlöscher (Pulver und Wasser), Scheinwerfer und Taschenlampen, einen Hocker (für Verletzte) – eben das, was die Feuerwehr braucht, bevor der langsamere Leiter- und Löschwagen an die Brandstelle kommt. Antennen hat der rote R21 nicht, aber einen Blaulichtbalken und folierte hintere Seitenscheiben, der Heckbereich gelb/rot schraffiert.

Am aufwändigsten gestaltet ist die SAMU-Version. Das ist eine Art Krankenwagen. Im Gegensatz zu deutschen Gepflogenheiten gibt es in Frankreich die SAMU (Service d’Aide Médicale Urgente) zum Transport von Kranken, die nicht liegend und schon gar nicht in einem Rettungswagen transportiert werden müssen. In Deutschland wird über Derartiges schon lange debattiert. Noch müssen Menschen, denen im Nachbarland der SAMU zur Verfügung steht, rechtsrheinisch mit den Öffentlichen oder dem Taxi ins Krankenhaus, zum Arzt oder zur Reha fahren. Der SAMU-Nevada ist umfangreich dekoriert, hat eine verchromte Dachreling, einen Blaulichtbalken und zwei Antennen. Allen Einsatz-Nevadas gemein ist: zwei Außenspiegel, schwarzes Interieur.

afs

Neben Turbomotoren waren Allradantriebe in Straßenfahrzeugen eine große Mode der 80er Jahre. R21 GTX 4×4 vom Februar 1988, also noch vor dem Facelift.
Foto: Archiv afs
In den 80ern wurden Kombis zunehmend als eigenständige Fahrzeuge betrachtet und nicht mehr als Karosserieversionen der Limousinen. Entsprechend wurden sie mit einem gesonderten Prospekt beworben. Erster Prospekt nach dem Facelift im Mai 1989.
Foto: Archiv afs
Renault 21 Nevada, als ziviler Kombi. Beim Dunkelblauen entsteht der Eindruck, Norev habe noch zu viel Gendarmerie-Farbe übrig gehabt. Hübscher ist der Rote, dem überdies Dachgepäck spendiert wird.
Modellfotos: bat
Normaler Gendarmerie-Dienstwagen und ein Infomobil zur Mitarbeiteranwerbung.
Generischer französischer Polizeistreifenwagen, keiner konkreten Dienststelle oder Stadt zuzuordnen.
Feuerwehr-Vorausfahrzeug, ebenfalls generisch. Auf dem folierten hinteren Seitenfenster die französische Feuerwehr-Rufnummer 18.
SAMU ist eine französische Errungenschaft, der die Deutschen hinterherhinken: organisierter Krankentransport zum Arzt, ins Krankenhaus oder in die Reha.

Steckbrief:

Norev 512132 Renault 21 Nevada Phase II 1989 dunkelblau, 512133 dito rot mit Dachgepäck, 512138 dito Gendarmerie, 512139 dito Gendarmerie Mitarbeiteranwerbung, 512135 dito Police, 512134 dito Feuerwehr, 512137 dito SAMU Krankentransport. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP je 35 (zivil) bzw. 36 Euro (Einsatzfahrzeuge).