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News 1:87 Herpa Volkswagen 1303 S gelb-schwarzer Renner 1973

Kartoffelkäfer

Der Herpa VW 1303 schreit geradezu nach den seinerzeit populären und heute angehimmelten Sondermodellen. Nun kommt eines der attraktivsten: Der gelb-schwarze Renner. Nie zuvor war der Käfer sportlicher. Aber nur optisch.

Das Original ist ein Schädling. Aber hübsch. Der Kleine ist gelb, hat am Halsschild schwarze Flecken und zehn schwarze Längsstreifen auf den Flügeldecken. Er mag Kartoffeln. Bauern mögen Kartoffelkäfer nicht.
Wenn sie in Massen angekrabbelt kommen, können ganze Kartoffelfelder kahl werden.
Foto: Scott Bauer

Schon kurz nach dem Produktionsstart des VW 1303 im August 1971, also zum Modelljahr 1972, ging das Werk mit seinen Sondermodellen ins Rennen. Die populärsten 1303-Editionsmodelle liefen im Jahre 1973. Gleich im Januar startete die 3500 Exemplare umfassende Serie gelb-schwarzer Renner (Verkaufsstart 27. Dezember 1972), ein 1303 S in Saturngelb 13M mit mattschwarzen Hauben und Chromteilen (außer Scheinwerferzierringen, Blinkerabdeckungen und Außenspiegel); der Heckschriftzug, die Zierleiste auf der vorderen Haube sowie die Stoßstangenzierstreifen waren in Gelb gehalten. Vorne hatte der Renner das geschlitzte Abschlussblech der US-Version (Kühlschlitze für die in den USA geschätzte Klimaanlage), er rollte auf 175/70 HR 15-Gürtelreifen auf Lemmerz-Stahlsportfelgen (5 ½ J x 15), hatte ein schwarzes Interieur mit Sportsitzen und Leder-Sportlenkrad. Preis: 7650 D-Mark. Der gelb-schwarze Renner war in Käfer-Kreisen eine Sensation, verlieh das Werk dem Wagen doch erstmals in der Geschichte einen sportlichen Touch. Angekreidet wurde ihm seitens der Liebhabergemeinde lediglich, dass Volkswagen dem Renner nicht die geringste Mehrleistung angedeihen ließ. Dennoch war er Anlass für eine nervöse Bundestagsanfrage mit dem Inhalt, warum das Volkswagenwerk in Zeiten der Benzinverknappung mit seinem gelb-schwarzen Renner ausgerechnet ein Zeichen für automobile Sportlichkeit setze. Allerdings gab es für den gelb-schwarzen Renner (szeneintern GSR genannt) eine amtliche Tuningfreigabe seitens des Werkes bis 100 PS und 165 km/h Höchstgeschwindigkeit. Und das nützte so mancher Tuner weidlich aus. Auf der IAA im Herbst 1973 folgten der Big- und der City-Käfer, ebenfalls sehr schöne und edle Krabbler. Die weiteren Sondermodelle in den folgenden Jahren konnten diesen Dreien, dem GSR, dem City- und dem Big-Käfer, niemals das Wasser reichen.

Gelungene Form mit Blinker-Kompromiss

Herpa hat den Gelbton des GSR gut getroffen, die beiden Deckel sind vorbildgetreu mattschwarz, ebenso wie die Stoßstangen. Inmitten der Kastenrahmenstoßstangen verläuft ein gelber Streifen (im Original ein Klebestreifen), die Zierleiste auf der vorderen Haube ist ebenso gelb bedruckt wie der Heckschriftzug. Fensterumrahmungen und Flankenzierleiste sind mattschwarz und die einzigen Felgen, die Herpa bis dato für seinen VW 1303 hat, sind ohnehin die Lemmerz-Sportstahlfelgen. Somit passt der GSR von Herpa also gut, alles richtig recherchiert. Über den VW 1303 an sich hat Caramini-online bereits am 24. August 2024 ausgiebig berichtet: proportional und dimensional gut gelungen, aber eben der Nachteil der verunglückten Vorderblinker. Wahrscheinlich ist dies ein gewollter, formenbauerischer Kompromiss. Bekanntlich verlor der VW 1303 zum Modelljahr 1975 seine Blinker auf den Vorderkotflügeln, sie wanderten in die Stoßstange. Herpa möchte sich wohl die Option freihalten, beide Varianten, bis 1975 und danach, nachbilden zu können und entschied sich daher für einen unmotivierten Buckel auf den Vorderkotflügeln. Wird dieser als „Blinker“ bedruckt, so handelt es sich um ein früheres 1303-Modell, und wird er nicht bedruckt und stattdessen etwas Orange auf die Stoßstangen gehustet, so stellt es den 1975er VW 1303 dar. So kann man das formenbauerisch machen. Man darf sich aber nicht wundern, wenn sich die Sammler darüber wundern (und echauffieren).

Von diesem Defizit abgesehen, ist der Herpa-GSR ein sehr hübsches Modell. Im November 2016 erschien ebenfalls ein gelb-schwarzer Renner von Wiking, entsprungen der 2012 neu entstandenen VW-1303-Form mit zu hohem Dachpavillon. Wiking hat keine Lemmerz-Sportstahlfelgen im Formenfundus und behalf sich mit den Rädern des Opel Manta A. Die sehen zwar auch sportlich aus und passen somit, sind aber 13-Zöller, während ein Käfer auf größerem Fuße lebt, 15-Zoll-Räder. Die Wiking-Räder sind zu klein. Wie und warum Wiking auf die Idee kam, dem Wagen einen schwarzen Seitenstreifen oberhalb des Trittbretts zu verpassen, bleibt deren Geheimnis. Original ist das nicht. Die gelben Streifen auf den Stoßstangen sparte sich Wiking als Druckwerk. Ansonsten sind die Besonderheiten dieses Sondermodells auch bei Wiking getroffen. Und dann gab es noch vor Unzeiten einen gelb-schwarzen Renner von AMW, einer Firma aus Selb, die sich 1998 in AWM umbenennen musste, weil BMW intervenierte. AMW hatte in seiner Anfangszeit ab 1993 einen VW 1302 im Angebot (mit zu öffnendem Motordeckel!) und schlachtete die Form nach allen Regeln der Kunst aus, mannigfache Varianten wurden produziert. Auch ein gelb-schwarzer Renner. Dummerweise war der GSR aber ein VW 1303 und kein 1302. Da wurde also der Sammler wieder mal für dumm verkauft.

afs

Der bislang hübscheste und am besten recherchierte gelb-schwarze Renner kommt von Herpa. Die formale Gestaltung der Vorderblinker ist fraglos fragwürdig. Aber er sieht aus, wie ein VW 1303 aussehen soll. Und Herpa recherchierte die Besonderheiten dieses Editionsmodells korrekt und setzte sie ebenso um.
Modellfotos: bat
Zwei Mitbewerber auf dem Kartoffelacker: Gelb-schwarze Renner von Wiking (rechts) und von AMW. Das Wiking-Modell leidet unter formalen Schwächen hinsichtlich der Proportionen, ist weniger aufwändig bedruckt und zeigte einen nicht originalen Seitenstreifen. Das AMW-Modell ist schlichtweg falsch. Denn der GSR ist ein VW 1303 mit Panorama-Windschutzscheibe, kein 1302 mit planer Scheibe, den AMW nachbildete.
Modellfoto: kr
Das kann natürlich nur einer der Drei: aufklappbarer Motordeckel beim AWM-Modell. Auch von hinten ist der Unterschied zwischen 1302 und 1303 offensichtlich: AMW-Modell mit „Bügeleisen-Rückleuchten“, der 1303 hat die so genannten Elefantenfüße.
Modellfoto: kr
Optisch sportlich, technisch wie alle anderen auch: Der gelb-schwarze Renner war eine kleine Sensation, wurde den Händlern aus den Händen gerissen und ist bis heute begehrt. Dieses Exemplar ist mit zeitgenössischem Zubehör versehen: Rallyestreifen und Cibié-Oscar-Zusatzscheinwerfer.
Foto: Volkswagen-Archiv
Kein Chrom, sondern sportliches Mattschwarz an den Anbauteilen, und alleine die mattschwarzen Hauben machten ihn gefühlte 20 km/h schneller. Der gelb-schwarze Renner, von seinen Freunden liebevoll GSR genannt, bedeutet den ersten Käfer in Turnschuhen, seitdem es den Käfer gab. Unter Heinrich Nordhoff wäre ein GSR nie passiert.
Foto: Volkswagen/Archiv afs
Mehr Schein als Sein: Die Lüftungsschlitze im vorderen Frontblech bedeuteten einen starken Auftritt und sahen nach zusätzlichem Ölkühler aus. Beim USA-Modell dienten sie der Belüftung der Klimaanlage. Beim GSR sahen sie einfach nur stark aus. Denn dahinter war…nichts!
Foto: Volkswagen/Archiv afs