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Sammeln 1:18 Checkmate FAW-Audi A6 (C5) 2.8 1999

Gibt’s nicht? Doch, gibt’s!

Viele Audi-Sammler wünschen sich eine A6 (C5) Limousine in 1:18 und werden einfach nicht bedient.  Einen RS6 Avant und einen Avant Allroad Quattro gibt es von Ottomobile, aber eben keine Limousine. Sollte man meinen, stimmt aber nicht. Es gibt durchaus eine, aber die ist in Europa kaum verbreitet und wird längst nicht mehr hergestellt. Caramini-online präsentiert den FAW-Audi A6 (C5) von Checkmate.

Es war auf der Spielwarenmesse 2001, vor bald einem Vierteljahrhundert. Damals gab es dort noch die „Chinesenhalle“ mit immens vielen, kleinen, bunten Ständen, auf denen immens viele, kleine, bunte Plastikspielzeuge ausgestellt wurden. Sie waren nicht mehr mit „made in Hongkong“ gemarkt, denn Hongkong war seit Kurzem keine britische Kronkolonie mehr, sondern gehörte zu China. Inmitten diesem Gewusel von Ständen, Menschen und Gerüchen war ein einsamer, ebenfalls kleiner Stand, betrieben von einem würdigen, älteren Herrn mit traditionellem, chinesischem Aussehen (Spitzbart à la Dschingis Khan und Zopf), assistiert von einer jungen Frau. York Wong stellte hochwertige, schwarz lackierte Modellautos aus, allesamt in Europa völlig unbekannt. Seine Firma Century Dragon hatte die alleinige Lizenz, FAW-Fahrzeuge zu miniaturisieren, also die chinesischen Hongqi-Staatslimousinen, die er in unterschiedlichen Versionen als 1:43-Handarbeitsmodelle offerierte. Herr Wong suchte einen Europavertrieb. Sein Englisch war, gelinde gesagt, nicht verhandlungssicher. Wir kamen ins Gespräch. Ich konnte ihm ein paar europäische Großhändler nennen, die in Frage hätten kommen können, darunter auch welche, die heute längst Geschichte sind wie The Toy Company, Speidel oder Replicars. Letztlich kam kein Europavertrieb zustande; alle winkten ab mit der Begründung, diese chinesischen Staatslimousinen wären in Europa sicherlich nur Ladenhüter.

Nach der Messe, von China aus, schickte mir Herr Wong als Dankeschön für meine Bemühungen ein Paket mit einem 1:43-Hongqi-Modell und einem 1:18 FAW-Audi A6 (C5). Den hatte er auf der Messe nicht ausgestellt, hielt er seinerseits wohl für uninteressant. Der Audi wurde ebenfalls von FAW produziert, wie die Hongqis. Seitdem steht bei mir ein schwarzer FAW-Audi A6 (C5). Und bis heute ist er der einzige seiner Art, kein 1:18-Produzent hat sich bisher dieses doch populären Autos angenommen. Dabei sind die Audi-Fans nicht gerade leise, wenn sie ihre Wünsche formulieren. Und dazu gehört diese A6-Generation.

Der Audi läuft nicht unter Century Dragon, sondern unter Checkmate. Das ist ein Markenname der Firma Century Dragon Industrial Ltd. von York Wong in Dongguan/Guangdong. Sie ist eine der chinesischen Fabriken, in denen europäische Modellautohersteller in China ihre Produkte produzieren lassen – sowohl Resine als auch Diecast. York Wong, ein großer Fan der Hongqi-Limousinen und Vorsitzender des Hongqi-Clubs, erreichte es, die alleinige Lizenz von FAW zur Produktion von Hongqi-Modellen zu bekommen und spezialisierte sich auf klassische chinesische Fahrzeuge en miniature (denn auch die Chinesen haben eine Fahrzeuggeschichte!). Diese chinesischen Klassiker produziert Wong unter dem Namen Century Dragon, 1:18-Modelle für die chinesische Automobilindustrie laufen unter Checkmate. Und dann wird munter für die europäische Modellbranche produziert. Herr Wong liegt heute ganz gut im Rennen – auch wenn vor einem Vierteljahrhundert niemand in Europa seine Modelle importieren wollte.

Noch heute sind die Eigenmarken Checkmate und Century Dragon hauptsächlich in China verfügbar, einen offiziellen Auslands-Importeur gibt es nur in Russland (Adler in St. Petersburg und im Gegenzug vertreibt Wong die Adler-Marke DiP in China). Auf https://centurydragon.com.hk/ sind die Century-Dragon-Modelle zu sehen, aber die Seite scheint schon länger nicht mehr aktualisiert worden zu sein. Jedenfalls gibt es einen Ebay-Shop: https://www.ebay.com/sch/i.html?_dkr=1&iconV2Request=true&_blrs=recall_filtering&_ssn=centurydragon&_oac=1. Aber den FAW-Audi A6 sucht man dort vergebens, er ist längst außer Produktion.

Für die damalige Zeit eine herausragende Konstruktion

Der Checkmate-Audi soll die chinesische Version darstellen, also den um neun Zentimeter verlängerten A6. Unserer Meinung nach ist das nicht der Fall. Das Modell hat kein flach verlaufendes Dach in Höhe der hinteren Türen, es hat auch keine längeren Türen hinten. Es ist ein ganz normaler, europäischer Audi A6 (C5). Wir finden ein paar kleinere chinesische Spezifika, die wir vom Europa-A6 nicht kennen, aber generell halten wir den Checkmate-Audi für einen chinesisierten Europäer. Vielleicht ist dieses Manko auch der Grund, warum es dieses Modell nicht in die Accessoirelinie von FAW-Volkswagen in China geschafft hat: Es entsprach nicht dem dort angebotenen Original.

Checkmate realisierte ein semi-all-open Modell, so wie früher Norev: Alles geht auf mit Ausnahme der hinteren Türen. Die Tür- und Haubenscharniere sind ziemlich massiv, auch wie bei älteren Norev-18ern, und überhaupt erinnert die ganze Machart dieses Modells an frühere Norev-Modelle. Der Audi ist ungefedert, aber er lenkt und rollt gut. Innenraum und Kofferraumboden sind beflockt. Das unlackierte Plastik im Inneren sieht sehr nach dem aus, was es ist, nämlich Plastik. Hübsch gemacht sind die bedruckten Holzpaneele an Türverkleidungen und Armaturenbrett, die Armaturen selbst sind ein ordentliches Druckwerk. Der Motor, auch hier bietet sich der Vergleich zu älteren Norev an, ist eine Platte, farblich recht nett dekoriert, aber eine sehr einfache Konstruktion. Die Motorhaube sollte also besser geschlossen bleiben. Was am meisten stört am Checkmate-Audi, sind die vorderen Türen ohne Türrahmen und ohne Verglasung. Das, in Verbindung mit den elenden Dogleg-Scharnieren, ist eine arg billige Lösung und erinnert ein wenig an Matchbox-Spielzeug.

Genug gemeckert, immerhin ist die Konstruktion über ein Vierteljahrhundert alt und Checkmate respektive Century Dragon war damals ein absoluter Anfänger in diesem Metier. Formal ist der Audi gut getroffen, die schwarze Lackierung ist brillant (und das auch heute noch, also gute Haltbarkeit!), die Bedruckung akkurat, die Leuchten zwar mit sichtbaren Pins, aber das war damals Standard, sie sehen gut aus. Das Chassis ist manierlich gemacht, etwas flach graviert, aber alle wichtigen Bestandteile sind vorhanden, die Auspuffanlage ist gesilbert. Was beim Umdrehen stört, sind die langen Hälse, die den Schrauben zur Befestigung in der Verpackung dienen. Aber die sieht man nicht, wenn das Auto auf seinen Rädern steht. Er macht einen guten Eindruck, der alte Audi, war damals, als er erschien, ein sehr gutes Modell, ist heute konstruktiv allerdings nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Aber so manch anderer Hersteller legt ebenfalls ältere Modelle auf diesem Qualitätsniveau heute erneut auf und braucht sich dafür nicht zu schämen. Und schämen muss sich der Checkmate-Audi auch nicht. Im Gegenteil: Er hat auf der Habenseite, ein von den Fans begehrtes Vorbild zu miniaturisieren und wahrlich nicht in jedermanns Vitrine zu stehen.

Wer das Modell sucht, braucht sich an keinen europäischen Händler zu wenden. Ebay ist allerdings eine sichere Bank. Man muss sich eben trauen, aus dem fernen Ausland zu bestellen, muss hohe Portokosten akzeptieren und sich mit dem Zoll herumschlagen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen fanden wir einige Checkmate A6 auf Ebay, die meisten aus den USA, auch welche aus Japan, einer, allerdings ohne Box, sogar in Italien für 100 Euro im Sofortkauf. Die anderen, mit Schachtel, waren teurer, der teuerste in den USA 180 Dollar (plus Nebenkosten). Zwar viel Geld, aber verglichen mit heutigen Neupreisen und in Anbetracht der Rarität des Modells ist das durchaus eine Überlegung wert. Denn wer weiß, wann und ob überhaupt der Ruf nach einem Großserien-A6 (C5) erhört wird. Und ob er dann zu öffnende Türen und Hauben haben und aus Zinkdruckguss gefertigt sein wird, ist eine ganz andere Frage.

Der erste lange Audi für China

Der erste Audi, der für den chinesischen Markt mit Radstandsverlängerung produziert wurde – und überhaupt die erste deutsche Limousine, die für China gestretcht wurde: neun Zentimeter mehr zwischen den Rädern, Verlängerung in Höhe der hinteren Türen. Ansonsten optisch keine wesentlichen Veränderungen gegenüber dem Ingolstädter A6. Dieser erste chinesische A6 hieß nicht, wie spätere verlängerte China-Varianten, A6L. Er hieß nur A6. Die Produktion in China setzte zwei Jahre nach dem deutschen Start ein und überdauerte die deutsche um zwei Jahre, lief also von 1999 bis 2006.

Während der letzten beiden chinesischen Jahre gab es überdies eine Superluxusversion namens Executive: getönte Scheiben, Sonnenrollos, Lederausstattung, elektrische Sitze, CD-Player mit sechs Wechslern, Audio-System namens Concert Hall mit acht Lautsprechern, Echtholz im Inneren, kleiner Kühlschrank zwischen den Rücksitzen (hinter der Mittelarmlehne), ausklappbare Picknicktische an den Rückwänden der Vordersitze, für die hinten Sitzenden obendrein ein DVD-Unterhaltungssystem mit Bildschirmen in den vorderen Kopfstützen. Der FAW-Audi war zwar als Fünfsitzer deklariert. Aber niemand mit Füßen konnte in der Mitte der Rücksitzbank sitzen, denn im mittleren Fußraum war eine Konsole für das Blaupunkt-Entertainment-System untergebracht. Selbst die Außenspiegel hatten eine Memory-Funktion und an der Oberkante der hinteren Türen, direkt unter der Fensterunterkante, gab es einen dezenten „Executive“-Schriftzug.

Mit dem A6 Executive wollte sich FAW einer neuen Käuferschicht zuwenden, weg von den Behörden, welche die größten Audi-Kunden in China waren (den Audi 100 C3 gab es sogar als Hongqi, und der Hongqi ist die traditionelle chinesische Staatslimousine). FAW-Audi sprach den aufstrebenden, chinesischen Businessman an. Der Executive schaffte es aber noch nicht, das Image von FAW-Audi weg vom Behördenauto zu leiten. Unter diesem damaligen Renommee litt die Marke. Zwar waren die Behörden zuverlässige und gute Kunden. Aber Privatleute und Firmen wollten eben kein Behördenauto haben.

Der „normale“ A6 mit langem Radstand, also nicht die Executive-Version, verkaufte sich hingegen recht gut. Damals waren Privatleute in China noch nicht wohlhabend genug für solch einen Wagen, aber er war beliebt als High-End-Taxi und als Servicefahrzeug von Hotels. Es gab damals noch nicht viel Vergleichbares auf dem chinesischen Markt. FAW bot den Audi A6 mit vier Motoren an, 1,8-Liter-Vierzylinder als Sauger und Turbo (150 PS), 2,4-Liter-V6 und 2,8-Liter-V6 mit 188 PS, letzterer die einzige Motorisierung für den Executive, Fünfgang-Schaltung oder Fünfstufen-Automatik. Damals war ein Audi A6 in China ein wertvolles Automobil, auf das sein Eigentümer aufpasste. Noch heute sieht man etliche A6 der Generation C5 herumfahren. Die Wagen sind halbwegs einfach im Erhalt, noch nicht allzu computerisiert, Ersatzteile sind erhältlich. Und Audi hat in China einen guten Ruf, weil Audi zu den ersten Marken gehörte, die China breit aufgestellt mobilisierten. Im Gegensatz zu anderen europäischen und deutschen Marken, die sich in China engagieren und auch dort produzieren, werden Audi und Volkswagen in China als heimische Marken gesehen. Nach wie vor, trotz aller aktueller Schwierigkeiten in Sachen Batterieauto.

afs

Ein verlängerter Chinese oder ein normallanger Europäer mit chinesischen Attributen? Unserer Meinung nach ist das kein langer Chinesen-A6, sondern ein ganz normaler Audi A6. Und das macht ihn für europäische Sammler umso interessanter.
Modellfotos: bat
Die Spartakusversion von all open: fast all open. Die spielzeughafte Art der Vordertüren an immensen Doglegs offenbart ihre generelle Schwäche: Die Tür öffnet auf völlig unrealistische Weise und obendrein im falschen Winkel.
Die Box sieht nach Industriemodell aus. Der Audi ist keines. Aber der Hersteller hätte das wohl gerne gehabt und gestaltete die Schachtel in voreiligem Gehorsam in Audi-Manier.
Die Türscharniere sind grauenhaft. Die fehlenden Fensterrahmen auch. Aber der Blick ins Innere offenbart gute Ansätze. Die Anmutung des unlackierten schwarzen Plastiks allerdings gehört nicht dazu.
Die Haube sollte besser geschlossen bleiben. Was sie offenbart, ist nicht unbedingt sehenswert. Sehr einfacher Motor, aber die ausgiebige Kolorierung übertüncht das Elend ein bisschen.
Herr York Wong, der Gründer des Hongqi-Clubs in China und der Eigentümer der Firma Century Dragon, die sich der Hongqi-Staatslimousinen annimmt. Und so ganz nebenbei auch des Audi A6 (C5), weil der, wie die Hongqis, aus dem FAW-Werk (First Automotive Works) stammt.
Foto: Century Dragon Industries Ltd
Dauerparker: Verstaubter FAW-Audi A6 (C5) mit platten Reifen, aber offensichtlich gesunde Substanz: Gesehen und fotografiert im März 2021.
Foto: Dinkun Chen
Ihm geht es sichtlich besser: A6 (C5) im täglichen Einsatz in Sanming, Provinz Fujian, im Sommer 2022.
Foto: JamesYoung8167
Wie alle chinesischen Marken, musste auch Audi Anfang der 90er Jahre bei Null anfangen. Aber Audi war schlau genug, seine Kompetenz mit Tradition zu speisen. Das mögen die Chinesen. Darum ließ FAW das deutsche, im Motorbuch-Verlag erschienene Buch der Auto-Union-Geschichte mit dem Titel Audi ins Hochchinesische, also in Mandarin, übersetzen.

Steckbrief:

Checkmate 90065 FAW-Audi A6 (C5) LWB 1999 schwarz. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. Auflage unbekannt/nicht limitiert. Produktion zeitgenössisch um 2000/2001. Verfügbarkeit: Gebrauchtwagenmarkt.