Die Zinkpest – Eine Seuche geht um
Das schöne, das alte, das wertvolle, das geliebte, das teuer gekaufte Modellauto zerfällt zu Bröseln. Der Sammler kann nichts dagegen tun. Die Krankheit heißt Zinkpest. Dies ist ein Schlagwort, das unter vielen Sammlern Panik auslöst – vor allem unter denen, welche nicht genau wissen, was man darunter versteht und woher Zinkpest kommt. Caramini-online versucht, das Phänomen zu erklären.

Unter Modellautosammlern herrscht eine verhaltene Furcht vor Zinkpest. Zeitgeistiger wäre die Formulierung, die Modellautosammler schlagen Alarm, es sei fünf vor Zwölf. Denn Wörter aus dem Umfeld der Angst, ja der Panik werden heute inflationär (für alles) benutzt. Die Worte können nicht groß genug sein, um gehört zu werden. Wir belassen es bei der Formulierung der „Furcht“ und versuchen, der Zinkpest auf den Grund zu gehen. Das Fazit gleich vorweg: Ist ein Modellauto (oder ein sonstiges Produkt aus Zinkdruckguss) von Zinkpest befallen, so ist es verloren. Es gibt keine Rettung. Aber auf andere Modellautos ansteckend ist Zinkpest nicht. Denn es handelt sich um einen Prozess der Korrosion, nicht um eine Krankheit. Viren oder Bakterien sind nicht im Spiel. Schon alleine deshalb nicht: Modellautos sind keine Lebewesen.
Was ist Zinkdruckguss?
Zinkdruckguss ist eine Metalllegierung, und eine Legierung ist ein aus mehreren Komponenten miteinander vermischter Metallwerkstoff. Zinkdruckguss wird international Mazac oder auch Zamac genannt, und das sind Akronyme seiner Inhaltsstoffe: Magnesium, Zink, Aluminium und Kupfer, das auf Englisch „Copper“ heißt, weshalb die Kunstwörter Mazac und Zamac mit einem c enden. Oftmals kursiert in Sammlerkreisen das Gerücht, früher sei in Zinkdruckguss auch Blei enthalten gewesen und das sei in den 60er Jahren verboten worden, weil es giftig ist. In Zinkdruckguss ist nie Blei enthalten gewesen (und wenn doch, dann als unerwünschte Verunreinigung der Legierung). Aber die Lackierung der Miniaturautos enthielt Blei, und weil das giftig ist, wurde es in den 60er Jahren für Spielzeug verboten. Denn nach wie vor gilt, dass Modellautos, selbst die Kunstwerke von CMC, landläufig als Spielzeug betrachtet werden und den gesetzlichen Regularien für Spielzeug unterliegen. Ende der 60er Jahre war auf Matchbox-Schachteln zu lesen „non toxic“, also „giftfrei“. Damals wurde Blei aus Lackfarben für Spielzeug verbannt.
Wir wollen niemanden mit Chemie oder Metallurgie belästigen. Man muss nicht in die wissenschaftliche Tiefe gehen, um die Zinkpest zu erklären und zu begreifen. Die vier Metallbestandteile haben eine unterschiedliche Wertigkeit in der Rangordnung der Metalle, und als Rohstoffe sind sie unterschiedlich teuer. Obendrein kommen sie aus verschiedenen Regionen. Um Zinkdruckguss, das zur Flüssigkeit erhitzt in Werkzeuge aus gehärtetem Stahl gespritzt wird, herzustellen, müssen die vier Komponenten in genau dem richtigen Mengenverhältnis gemischt werden und es darf keine Verunreinigungen geben. Weit über 90 Prozent Anteil an der Mischung hat Zink, die anderen (teureren) Ingredienzien belaufen sich auf eine einstellige Prozentzahl.
Der Grund für die Zinkpest
Die Ursache für die Zinkpest liegt in der Herstellung der Legierung, also des Gemischs. Es gibt mehrere Gründe, warum die vier Komponenten nicht im richtigen Mengenverhältnis zueinander gemischt werden. Zum einen Unerfahrenheit oder Unfähigkeit. Das war beispielsweise Anfang der 90er Jahre in chinesischen Fabriken manchmal der Fall. Die dortigen Verantwortlichen mussten es erst lernen, mit dem Werkstoff umzugehen, und von den westlichen Auftraggebern ließen sie sich damals nicht gerne etwas sagen. Denn die westlichen Firmen waren meist nur Auftraggeber oder allenfalls in einem Joint Venture an den chinesischen Fabriken beteiligt. Anfangs besaß kein westlicher Modellautohersteller eine chinesische Fabrik.
Ein weiterer Grund für das falsche Mischverhältnis ist mangelnde Verfügbarkeit der vier Grundmetalle. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Zinkdruckguss zu Kriegszeiten produziert wird. So manches kriegführende Land hat, wegen der Feindseligkeiten, keinen uneingeschränkten Zugang zum Weltmarkt und verfügt deshalb nicht über ausreichende Rohstoffe (oder benötigt sie für im Krieg Wichtigeres als für Spielzeug). In dieser Situation war das Deutsche Reich während des Zweiten Weltkriegs, weswegen Märklin-Miniaturen aus dieser Zeit oftmals von Zinkpest betroffen sind. Und das gilt auch für nahezu alle westliche Industrienationen während der „schlechten Zeit“ direkt nach dem Krieg, eigentlich bis zum Ende des Korea-Krieges 1953. In einer ähnlichen Situation war die Sowjetunion vor ihrem Systemzusammenbruch. Mit ihren auf internationalem Parkett wertlosen Rubeln konnten sich die Sowjets nicht auf dem Weltmarkt eindecken. Die „Russenmodelle“ von Radon und Agat aus den 70er und 80er Jahren leiden unverhältnismäßig häufig unter Zinkpest. Um Zinkdruckguss herzustellen, wurde in derartigen Ausnahmesituationen also ein „ungesundes“ Verhältnis der vier Metallkomponenten akzeptiert. Ad hoc fällt das niemandem auf, denn Zinkpest manifestiert sich erst in großem zeitlichem Abstand.
Er kann auch durch Verunreinigung auftreten. Das ist für die Hersteller besonders ärgerlich. Es wurde vor Jahren ein Fall bekannt, als ein chinesischer Putzmann oder Hausmeister des Abends besonders sorgfältig und sparsam sein wollte und Metallspäne, die er am Boden zusammengekehrt hatte, nicht in den Abfall warf, sondern in den brodelnden Metallkessel mit dem flüssigen Zinkdruckguss. Resultat: Die komplette Zinkdruckgussmenge war verseucht. Aber niemand merkt das sofort, man sieht es weder dem flüssigen Sud noch der frisch gefertigten Miniaturautokarosserie an. Es sei wiederholt: Zinkpest ist eine schleichende Seuche.
Generell waren (und sind!) die metallverarbeitenden Betriebe eben Handwerksbetriebe. Dort gibt es normalerweise niemanden, der sich mit Metallurgie auskennt und einen theoretischen Überbau für die Produktion liefert. Ein Metallurge ist kein Metallarbeiter oder Metallbauer, also kein Facharbeiter. Heute ist Metallurgie ein Studienfach, man studiert die Wissenschaft von der Gewinnung der Metalle aus Erzen und Sekundärrohstoffen sowie deren Raffination und Weiterverarbeitung. Früher konnte sich ein Techniker, also der Absolvent einer Technikerschule mit Examen, auf Metallurgie spezialisieren. Auf einen solchen (teuren) Mann meinten und meinen die meisten metallverarbeitenden Betriebe verzichten zu können.
Wie manifestiert sich die Zinkpest?
Das Problem ist ein zeitlicher Prozess. Er beginnt harmlos und endet im Desaster. Die Volumenvergrößerung (Aufquellen) ist auf die interkristalline Korrosion zurückzuführen, das Kristallgefüge der Legierung verändert sich also. Resultat: Das Karosserieteil streckt und wölbt sich. Wie geht es los, woran erkennt man beginnende Zinkpest? Es kommt im Anfangsstadium zu Auffälligkeiten der Lackierung, welche zunächst das Drama optisch kompensiert. Schaut der Sammler sein Modell nach längerer Zeit erneut an, bemerkt er, dass der einst glänzende und glatte Lack plötzlich matt erscheint und die Oberfläche nicht mehr so glatt ist wie bisher. Man wundert sich, denkt noch nicht an Zinkpest, zweifelt an der eigenen Wahrnehmung und beruhigt sich selbst damit, dass man einfach nicht mehr in Erinnerung habe, dass das Modell schlecht lackiert ist. Zunächst also Selbsttäuschung, man will das Problem nicht erkennen.
Danach nimmt das Unheil seinen Lauf. Nach einiger Zeit (wir sprechen vom Abstand etlicher Monate, vielleicht Jahre) kommt es zu ganz feinen Rissen, die immer größer und tiefer werden. Nun kann der Besitzer nicht mehr leugnen, dass sein Miniaturauto ein fatales Eigenleben führt und sich fortwährend verändert. Flächige Bestandteile der Karosserie vergrößern ihr Volumen, strecken sich also, kleine Karosseriebestandteile wie Fensterpfosten brechen durch die Rissbildung schlichtweg aus. Das Modellauto „wächst“, Bodenplatte und Karosserie passen nicht mehr zueinander. Der Prozess geht weiter, immer weiter. Bei Nichtberührung deformiert sich das Modell zusehends, es sieht teilweise aus, als wolle es explodieren. Wenn man es anfasst, zerbricht das Material, im Endstadium zerbröselt das Miniaturauto.
Wie lange nach der Herstellung tritt Zinkpest auf?
Wenn man das eindeutig beantworten könnte, wären viele Sammler sehr beruhigt. Wenn man sagen könnte, Zinkpest tritt nur in den ersten 20 oder 30 Jahren nach der Produktion auf und alles, was heute älter als 20 oder 30 Jahre ist, ist davor gefeit, so wäre das eine in Modellautokreisen gefeierte Erkenntnis – und derjenige Metallurge, der dies erforschte, wäre ein Kandidat für den Nobelpreis in Modellautoistik. Zinkpest tritt nicht sofort auf (sonst würden es die Hersteller ja bemerken und Produktionschargen, die verseucht sind, erst gar nicht auf den Markt bringen). Die Gussstücke tragen die legierungsbedingte Veranlagung zur Zersetzung ab dem ersten Tag in sich. Wann der Verfall augenscheinlich wird, hängt vom Missverhältnis innerhalb der Legierung ab. Märklin-Vorkriegsmodelle hielten recht lang, bis sie in den 60er und 70er Jahren zerfielen. Gewisse sowjetische Radon- und Agat-Modelle waren schon nach 20 Jahren zerbröselt, also um die Jahrtausendwende. Man kann nicht mal mit Gewissheit sagen: Wenn ein antiquarisches Spielzeugauto 50 Jahre überlebt hat, wird es nie befallen. Aber ohne wissenschaftliche Gewissheit, also aus der Erfahrung, kann man das schon behaupten. In der Regel (ein Ausdruck, den man als Journalist vermeiden sollte) sind Modelle, die circa 50 Jahre oder älter sind, sicher davor, unter Zinkpest zu leiden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass alle halbwegs modernen Modellautos, die es erst seit circa 1990 gibt, dieses Zeitfenster noch nicht erreicht haben. Und es sind nicht nur antiquarische Spielzeugautos, die Zerfallserscheinungen zeigen können, sondern durchaus auch Modellautos aus der Zeit nach 1990. Dafür gibt es mindestens so viele Beispiele wie für altes Spielzeug. Auch hier gilt: Die einen früher, die anderen später, aber der allergrößte Teil der existenten Modelle nie. Es gibt keine quantitativen Erhebungen. Wer sollte sie auch anstellen? Aus der persönlichen Erfahrung gesagt: Es mögen vielleicht zwei oder drei Prozent aller bisher produzierten Modellautos ab 1990 sein, die unter Zinkpest leiden.
Lässt sich Zinkpest eindämmen oder aufhalten?
Nein, der Zerfallsprozess lässt sich nicht stoppen und niemand kann vorbeugen. In der Sammlerszene kursieren die seltsamsten „Patentlösungen“. Der Eine lagert seine Modellautos in abgedunkelten Räumen, weil er meint, Licht forciere die Zinkpest. Der Andere reibt sie regelmäßig mit irgendwelchen Ölen ein. Der Dritte misst in seinem Hobbyraum regelmäßig die Luftfeuchtigkeit. Alles Mumpitz! Natürlich schaden Umwelteinflüsse den Modellautos. Diese mögen auf Dauer keine pralle Sonneneinstrahlung, keine starken Temperaturschwankungen, sie leben nicht gerne in feuchten Räumen, Minusgrade tun ihnen nicht gut. Dadurch können transparente Plastikteile (Scheiben) verbleichen, der Lack wird angegriffen, Blechteile rosten, Kunststoffe können sich verformen, geklebte Partien können sich lösen, Gummireifen härten aus, Fotoätz-Zierleisten fallen ab. Aber all diese Umwelteinflüsse haben keine Auswirkungen auf die Befindlichkeit des Zinkdruckgusses und sie fördern auch nicht die Zinkpest. Zinkdruckguss wurde ja sogar dafür verwendet, im Freien lange zu überleben. An „echten“ Autos wurden früher Schriftzüge oder Tür- und Haubengriffe aus Zinkdruckguss hergestellt (und anschließend verchromt). Zinkdruckguss hält (nahezu) ewig – sofern die Legierung korrekt ist. Zinkpest ist dem Metall in die Wiege gelegt. Äußere Einflüsse sind nicht schuld daran. Der Sammler kann Zinkpest durch sein Verhalten also nicht vermeiden.
Ist Zinkpest ansteckend?
Auf keinen Fall! Auch das ist nur ein Gerücht, das unter Sammlern kolportiert wird und nicht aus der Welt zu kriegen ist. Wie erwähnt, ist Zinkpest eine dem Metall immanente Erscheinung und somit auch nicht ansteckend – wobei natürlich keine Ansteckung auf den Menschen befürchtet wird, sondern vielmehr, dass ein verseuchtes Modellauto seinen Vitrinennachbarn ansteckt. Diese Furcht vor der Ansteckung liegt wohl in der deutschen Bezeichnung „Zinkpest“ begründet, denn jeder weiß, dass die Pest eine höchst ansteckende Krankheit ist, die ganze Landstriche im Mittelalter ausrottete. Die Briten haben dafür ein eher zutreffendes und gemäßigteres Wort: Sie sprechen von „metal fatigue“, also Metallmüdigkeit. Den gleichen Begriff verwenden die Franzosen, „fatigue du métal“ und die Italiener sagen „fatica del metallo“. Das ist weniger panisch und alarmierend, es verursacht weniger Angst. Der Begriff der „Zinkpest“ ist also ein typisches Beispiel für Panikmache und die „German Angst“, welche uns die Briten so gerne attestieren.
Bedeutet ein Zinkpest-Modell, dass alle anderen Modelle gleicher Machart auch verseucht sind?
Nein, nicht unbedingt. Oder, um mit Radio Eriwan zu sprechen: Es kommt darauf an. Es kommt nämlich wirklich darauf an, ob alle Modellautos dieser Art aus einer Produktionscharge stammen. Tun sie das, so sind alle verseucht und verloren und keines wird auf Dauer überleben. Es gibt Beispiele dafür. Aber meist ist es nicht so, dass alle Miniaturautos einer Baureihe auf einmal hergestellt und somit aus Material desselben Hexenkessels gefertigt werden. Zu Spielzeugautozeiten wurde produziert, verkauft, anschließend erneut produziert. War der Zinkdruckguss beim ersten Produktionszyklus verseucht, so war er es beim zweiten noch lange nicht. Deshalb gibt es schöne schwarze Chaikas von Radon aus Saratov aus den frühen 80er Jahren, rundum gesund und mit der Aussicht auf ein langes Leben, und es gibt arme Chaikas von Radon aus Saratov, die schon längst zerbröselt sind. Und bei aktuellen Modellautos ist es nicht viel anders, außer dass bei einer Zweitproduktion zumeist die Farbe verändert wird. Da kann es also schon vorkommen, dass beispielsweise alle Schuco Opel Rekord E in Silbermetallic unter Zinkpest leiden, aber die folgende (oder vorherige) Charge in Orange ist kerngesund. Es ist sogar möglich, dass bei einem Spielzeugauto mit zu öffnenden Karosserieteilen nicht alle Bauteile aus dem selben „Topf“ gegossen werden und somit nur einzelne Bauteile betroffen sind. Auch dafür gibt es genügend Beispiele, unter anderem die von Eligor hergestellten Modelle der Kioskserien mit Automodellen aus den Comics Tim & Struppi sowie Blake & Mortimer und Spirou & Fantasio, die heute erst zwischen 15 und 20 Jahre hinter sich haben und teilweise total verfallen sind. Aber nur teilweise. Und das Wort „teilweise“ trifft sogar auf einzelne Miniaturen zu: Karosserie einwandfrei, Bodenplatte zerbröselt oder umgekehrt.
Was tun mit einem Zinkpest-verseuchten Miniaturauto?
Das muss jeder für sich entscheiden. Der Wert ist gleich Null. Einem geliebten Modellauto beim Zerfall zuzusehen, ist nicht erbaulich. Es im Anfangsstadium via Ebay oder in schlecht beleuchteten Börsenräumen einem anderen Sammler anzudrehen, ist moralisch verwerflich. Es tut schon weh, sich von einem Modellauto zu trennen, das man schon lange hat und/oder für das man (relativ) viel Geld bezahlt hat. Der Verfasser dieser Zeilen tendiert zur Entsorgung im Mülleimer. Denn ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende. Landet das Modell im Müll, ist es irgendwann vergessen. Verbleibt es in der Sammlung, ärgert man sich, sobald man es sieht.
Trotz dem Drang zur Entsorgung habe ich in der Sammlung selbstverständlich auch den ein oder anderen Patienten. Gerade weil ich vieles in Kisten und Kartons lagere, die teils jahrelang unberührt bleiben, stoße ich manchmal auf lange nicht Gesehenes, das heute unter Zinkpest leidet, bei der letzten Sichtung aber noch keine Symptome aufwies. Ich machte mir im Laufe des langen Sammlerlebens natürlich Gedanken über das Phänomen. Auf zwei Möglichkeiten bin ich gekommen, wie man ein von Zinkpest befallenes Modellauto dauerhaft erhalten könnte. Eine versagte mit der Zeit und die andere habe ich mangels Gelegenheit nie ausprobiert.
Chrom ist die schönste Zierde unedler Metalle, glänzt wunderbar und ist obendrein ungemein hart. Das erste Experiment zur Eindämmung von Zinkpest führte ich 1988 durch. Ein Modellauto, von dem ich ahnte, dass es dereinst an Zinkpest darben könnte (weil viele seiner Markenbrüder schon zuvor darunter litten), entlackte ich und ließ es in einem Galvanikbetrieb komplett verchromen (nach allen Regeln der Kunst, also professionell): Der Nacoral Volvo 144 lebt noch heute, die den Zinkdruckguss komplett und luftdicht umgebende, harte Chromschicht ist wie ein Schutzpanzer. Und doch war der Drang des kranken Materials, also des Zinkdruckgusses, zumindest an der Motorhaube stärker als die Fesseln des Chromüberzuges. Nach rund 20 Jahren sprengte der Druck des Materials tatsächlich die Chromschicht auf der Motorhaube. Alle anderen verchromten Teile des Nacoral Volvo (Karosserie, beide Türen, Kofferraumdeckel, Chassis) sehen heute auch nicht mehr so aus wie 1988, aber weniger exponiert als die Motorhaube. Also ist das Experiment auf Dauer gescheitert. Ich habe den Volvo aus purer Neugierde aufgehoben, nämlich um zu sehen, ob auch andere Karosserieteile irgendwann gesprengt werden.
Das zweite Experiment scheiterte bereits, als es noch eine reine Idee war, aber es wäre wohl auch nicht zielführend. Der Geistesblitz war, ein gefährdetes Miniaturauto in einen Plexiglasblock eingießen zu lassen. Der Block wäre wohl stärker als der Drang des Materials, zu zerfallen. Aber erstens fand ich niemanden, der mir ein Miniaturauto in einen Plexiglasblock gießt. Und zweitens: Was fängt man schon mit einem in Plexiglas eingegossenen Miniaturauto an? Vielleicht kann man es dadurch erhalten. Aber wie sieht es in der Vitrine aus, wenn ein Miniaturauto in einen transparenten Würfel eingegossen ist? Hätte ich die Möglichkeit dazu gehabt, so hätte ich dieses Experiment wohl durchgeführt. Aber ich hatte sie nicht.
Der Sammler bleibt macht- und hilflos
Diese Zeilen sollen dem Phänomen und dem Begriff der Zinkpest ein wenig den Schrecken nehmen (nicht ansteckend, der Sammler ist nicht durch sein Fehlverhalten verantwortlich). Sie sollen die Zinkpest aber auch erklären und dem Sammler den Umgang mit verseuchten Modellen erleichtern. Umgehen kann man mit dem, was man kennt. Das Unbekannte birgt Schrecken. Aber auch der vernünftigste Umgang mit dem Phänomen ändert nichts daran: Hat man ein Zinkpestmodell in der Sammlung, so ist das der Gipfel des Ärgernisses: Das Modell zerfällt zu Staub, und man kann nichts dagegen tun. Man ist macht- und hilflos.
Die Fotos stammen aus eigenen Beständen. Den Herstellern ist nicht unbedingt ein Vorwurf dafür zu machen. Denn niemand mischt eine Legierung bewusst unzureichend zusammen, um ein paar Euro zu sparen. Der Imageverlust ist viel größer als die Einsparung. Jeder schämt sich, wenn sein eigenes Produkt auf Dauer nicht haltbar ist. Die Fotos stellen somit keine Wertigkeit dar. Der Autor kann eben nur auf die eigene Sammlung zurückgreifen und zeigen, was hier langsam aber sicher zerfällt und verrottet. Produkte nicht gezeigter Hersteller können ebenso betroffen sein. Aber es gibt für sie eben keine Beispiele in meiner Sammlung. Meine zerbröselten Märklin-Vorkriegsmodelle habe ich schon vor vielen Jahren enerviert entsorgt.
afs

Modellfotos: bat

















