Literatur

Lesenswertes: Rönicke, Frank: Trabant – Legende auf Rädern. Stuttgart (Motorbuch-Verlag) 2024. 224 Seiten. ISBN 978-3-613-04641-2. Preis 34,90 Euro

Am 1. Juni jährt sich die Produktionsaufnahme des Trabant 601 zum sechzigsten Mal. Grund genug, ein umfassendes Werk darüber zu veröffentlichen. Frank Rönicke holt auf 223 Seiten einen weiten Bogen: Er beginnt damit, wie Zwickau zur Autostadt wurde. Die Versuche der Auto-Union mit Kunststoffkarosserien ab 1937 wird ebenso beleuchtet und mit Fotos belegt. Dann die Geschichte nach 1945, IFA F 8 und danach der P70: Der lange und steinige Weg zur Duroplastkarosserie wird dargestellt. Es war nicht einfach, bis im Jahr 1957 am 7. November die Nullserie des Trabant P50 gestartet wurde. Bis 1964 folgten zahlreiche Änderungen am Fahrzeug. So wurde der Motor auf 600 Kubikzentimeter vergrößert und ein synchronisiertes Getriebe verbaut. Das sollte sich bis zum Produktionsende nicht ändern! Geändert wurde allenfalls die Karosserie. Eben 1964. Ein für die damalige Zeit recht moderner Aufbau im Trapezstil, quasi ein geschrumpfter Peugeot 404. Aber während dieser „nur“ bis 1975 lebte, hielt Zwickau bis zum Systemwechsel am Trabant fest.

Dazwischen zeigt das Buch zahlreiche Fotos von Prototypen und Entwürfen. Dass diese niemals gebaut wurden lag nicht am Können der Zwickauer. Nein, es lag am Nicht-Wollen der Entscheidungsträger. Die mit Volvo und Citroën motorisierten Genossen hatten andere Prämissen. Alle Varianten des Trabant, vom Kombi über Kübel/Tramp bis zum Hycomat werden beschrieben. Das Ende des stellt der Typ 1.1 mit Polo-Motor dar. Eigentlich wäre damit das Thema abgearbeitet. Aber Rönicke schreibt noch kurz über die Einsätze des Trabant im Rallye- und Rennsport. Schlussendlich werden die Cabrioumbauten und der so genannte Trabbikult beleuchtet, also die Szenevehikel. Aber es geht noch weiter: Auf sechs Seiten gibt es aufschlussreiche Tabellen mit Produktionszahlen, technischen Daten, Farben usw. Sehr gut!

Das Buch enthält viele Fotos, Schnittzeichnungen, Katalogabbildungen und andere Belege. Alles recht umfassend. Wer allerdings darin, Jahrzehnte nach Mauerfall und Produktionsende, noch irgendwelche Sensationen erwartet, wird wohl enttäuscht. Es gibt sie nicht. Über den Trabant war schon alles gesagt, auch vor Rönickes Buch. Das gilt aber auch für andere Monographien, die dennoch nicht grundlos geschrieben werden. Man kann Gesagtes anders sagen und interpretieren, man kann mit neuen Fotos aufwarten und ganz einfach ein Leserbedürfnis stillen. Der Trabi ist Kult, also braucht es Trabi-Bücher. Insofern kommt das Buch nicht zur Unzeit. Zudem hatte der Autor das Glück, noch einige der seinerzeitigen Macher zu treffen und zu befragen. Alles sehr gut recherchiert und belegt. Rönicke, selbst in der DDR aufgewachsen, aber 1987 übergesiedelt, lächelt nicht über den Trabant. Denn das hat er auch nicht verdient. Beim Erscheinen konnte er mit den seinerzeitigen Fahrzeugen mithalten. Er war nie eine Fahrmaschine wie Rollermobile à la Isetta, aber auch nie ein vollwertiges Automobil wie der VW Käfer. Er hat immerhin ein Land, wenn auch ein relativ kleines Land, zu wesentlichen Teilen motorisiert.

Ein Glossar der Abkürzungen und ein Quellenverzeichnis schließen das Buch ab. Das Layout ist typisch für den Motorbuch-Verlag: klassisch und übersichtlich.

carba