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News 1:18 CMC Ferrari 250 GTO Tour de France 1962

Pisa-Studie: Mi pace la benzina

Ein Superlativ, ganz fraglos. Ein Ausnahmeautomobil. Obendrein ein Ferrari, der wohl am meisten faszinierende Hengst aus Maranello aller Zeiten. CMC legt den 250 GTO wieder auf, in Details verbessert, neue Varianten. Grün mag die untypischste Lackierung für den Kult-Ferrari sein, und genau deshalb suchten wir uns diesen Wagen aus, den David Piper mit Dan Margulies bei der Tour de France de l’Automobile 1962 auf den vierten Platz pilotierten.

Keines Menschen Etat ist unendlich groß. Denn das Füllhorn oder den Esel, der Dukaten absondert, gibt es nur im Märchen. Während der Hobbyetat also eine Gegebenheit darstellt, nach der sich der Sammler richten muss, ist es seine freie Entscheidung, wie er seinen Etat verwendet. Er kann sich für 700 Euro sieben KK-Scale- oder MCG-Modelle kaufen. Dann hat er fraglos sieben schöne Autos, freut sich über die Auswahl, die Menge, auch die Qualität. Und er freut sich, dass die Sieben einen guten Teil seiner Vitrine ausfüllen. Er kann sich für die 700 Euro aber auch etwas anderes kaufen. Nur ein Modell. Ein Ausnahmemodell. Ein CMC-Modell. Klasse statt Masse. Es füllt (fast) denselben Vitrinenplatz wie die sieben MCG- oder KK-Scale-Modelle. Denn ein CMC-Modell drapiert man ganz anders, großzügiger. Zudem ist sogar seine Verpackung vitrinentauglich. Eine mit dunkelrotem Leder bezogene Klappschachtel, mit güld’nen Lettern bedruckt. Dadurch wird schon das Auspacken zum sinnlichen Erlebnis und steigert die Vorfreude auf das, was sie beherbergt: den Ferrari 250 GTO, gestartet bei der Tour de France 1962, pilotiert von David Piper und Dan Margulies. Er ist nicht rot. Er ist grün. Ein grüner Ferrari GTO.

Eine Neuheit und doch keine. Den Ferrari GTO hat CMC seit 2016 im Programm. Aber erstens gleicht kaum einer dem anderen und CMC macht keine generischen Autos, sondern miniaturisiert konkrete Einzelstücke. Und zweitens war die Welt mit der Frontgestaltung des CMC Ferrari GTO, entgegen sonstiger Gepflogenheiten, nicht hundertprozent glücklich. Damals wurde viel darüber diskutiert, dass am Vorbild, das CMC vermessen und digitalisiert hatte, die Frontpartie nicht korrekt instand gesetzt worden sei. Das bedeutet für absolute Vorbildfetischisten eine leichte Abweichung vom historischen Original. Es setzt voraus, dass der Betrachter die Anmutungsqualität eines Ferrari GTO so gut kennt wie (fast) nur derjenige, der ein Original in der Garage stehen hat. Das ist eher selten der Fall. Wer nicht uneingeschränkter und kompromissloser Purist ist, bemerkt keine Auffälligkeiten. Obendrein dürfte kein verbliebener Ferrari GTO heute noch in vollkommenem Originalzustand sein. Am vernehmlichsten schimpften damals jene, für die ein CMC-Modell ohnehin unerreichbar ist. Man fühlt sich an die Fabel vom Fuchs und den Kirschen erinnert…

CMC verwendet für seine Neuauflage dieselbe Karosserie wie damals. Aber die neuen Modelle sind zum Teil Rechtslenker und auch sonst sind Veränderungen gegenüber der ersten Serie zu verzeichnen. Denn in Fellbach bei Stuttgart gelten, nach wie vor und unübersehbar, die Grundsätze des schwäbischen Pietismus’. Nicht nur schaffe, um’s Häusle zu bauen. Sondern auch schaffe, um ein perfektes Miniaturauto zu kreieren. Also durften die Produktmanager nochmals ran, die neuen Auflagen sind mitnichten nur Farbvarianten.

Eine Schachtel kann Verpackung und Schutz für den Inhalt sein. Eine Schachtel kann aber auch ästhetischer Selbstzweck sein. Wenn sie den Inhalt verhüllt, macht sie auf ihn doppelt neugierig.
Modellfotos: bat
Was der Schachtel entspringt, ist ein herrliches und herrlich grünes Modellauto, das mit einem Blick zwar erfasst werden kann. Aber der Betrachter tut ihm damit unrecht.

Dem Sammler geht es um CMC, nicht um den GTO

Es geht los mit dem Umbau vom Links- zum Rechtslenker. Natürlich innen. Aber auch außen. Die Verschlussklappe für den Öleinfüllstutzen (natürlich zu öffnen) ist nun auf der linken Seite positioniert, auch Änderungen am Unterboden, und im Motorraum sind die Leitungen entsprechend anders verlegt. Zur Schaffung der Right Hand Drive-Version machte sich CMC die Mühe, erneut ein Vorbild zu digitalisieren. Doch nicht nur Rechtslenker sind neu, auch linksgelenkte Versionen sind 2024 hinzugekommen. Manche früher aus Kunststoff gefertigte Teile sind nun aus Metall (Auspuffrohre, Lampenringe), manche Einzelteile wurden präzisiert, Gitter feinmaschiger, Zierleisten und -elemente filigraner. Und CMC differenziert wirklich zwischen den Vorbildern, beispielsweise die Anzahl der Kiemen hinter den Vorderrädern. Wer tief in die GTO-Historie eintaucht, erfährt, dass auch ’62er Modelle schon drei Kiemen hatten, obgleich vielerorts zu lesen ist, die drei seien erst 1963 gekommen. Die Frage ist nur, wie wichtig es ist, zwei oder drei Kiemen? Geht es bei einem CMC-Modell darum? Oder geht es der CMC-Klientel nicht eher um die Aura, die Handwerkskunst, das Detailfeuerwerk, das Flair, die DNA dieses Herstellers? Ein CMC Ferrari GTO ist keine Alternative zu anderen Ferrari GTO (derer es viele gibt), und ein CMC-Liebhaber kauft einen oder mehrere GTO, obgleich er in Wahrheit gar kein Ferraristi ist.

Einer von 36, und alle davon existieren heute noch. CMC hat dieses Kleinod ganz alleine geschaffen, ohne jedwede Unterstützung aus Maranello, also lizenzfrei. Das ist möglich, weil der Wagen älter als 25 Jahre ist. Zur Verwendung des Markenlogos gibt es mittlerweile einige Gerichtsurteile, bei denen die Modellhersteller gewonnen haben. Alte Ferrari ohne teuer bezahlte Lizenz sind also möglich – aber der Hersteller darf dann eben auch nicht mit Werksunterstützung rechnen.
Modellfotos: bat

Perfektion auch dort, wo sie unsichtbar bleibt

Wir sprechen von 1834 Teilen aus unterschiedlichen Materialien, Zinkdruckguss und anderen Metallarten, Kunststoff, Leder, Stoff. Alleine ein Scheibenwischer besteht bei CMC aus rund zehn Teilen. Das wird von Hand montiert. Die brillante Hochglanzlackierung mit Dupont-Lacken wird ebenfalls von Hand gesprayt. Die Motorhaube hält mit funktionsfähigen Schnellverschlüssen und mit Lederriemen mit Metallschließen. Um den Motor zu fotografieren, mussten wir die Riemen lösen. Die Riemen wieder zu befestigen, gelang uns aus feinmotorischen Gründen nicht – CMC-Reifeprüfung nicht bestanden! Die 18jährige Tochter half mit filigranen Fingerchen und zitterfreiem Umgang mit der beigefügten Pinzette und bekam die Riemen tatsächlich wieder so zu, wie es dem Auslieferungszustand entspricht. Genau das ist die Perfektion von CMC. Eine bis ins Höchste getriebene Vollendung, die – siehe Lederriemchen – in der Praxis für Schwierigkeiten sorgen kann. Oder auch nicht. Immerhin ist der CMC Ferrari das erste Modellauto, das die Tochter „befummelt“ hat, dabei natürlich auch angesehen. Ohne mangels Erfahrung einen Vergleich zu anderen Modellautos zu haben, war ihr die Außergewöhnlichkeit dieses Stücks intuitiv bewusst. Der Sammler ist sich des Privilegs, ein solches Modellauto zu besitzen, erst recht bewusst. Wenn man einem Außenstehenden wahre Modellbaukunst demonstrieren möchte, womöglich in der Absicht, ihn zu begeistern, so ist nichts geeigneter als ein CMC-Modell. Obendrein ein Ferrari GTO. Der lässt niemanden kalt, nicht mal die Tochter, die einen Suzuki fährt und der Autos letztlich gleichgültig sind. Man kann einige Emotionen haben, wenn man eines CMC-Modells gewahr wird. Da mag Neid dabei sein, Besserwisserei, egalitäre Ablehnung alles Elitären, im konkreten Fall vielleicht sogar Ferrari-Hass oder Allergie auf alles Grüne. Aber eine Emotion wird wohl bei niemandem aufkommen: Gleichgültigkeit.

Türen mit Schiebefenstern, vorne eine bewegliche Verschlussklappe für den Kühlwassereinfüllstutzen, ebenso die Verschlussklappe für den Öleinfüllstutzen links neben der Heckscheibe zu öffnen, abnehmbare (unbeschreiblich schöne!) Borrani-Speichenfelgen mit Zentralverschluss, im Kofferraum ein herausnehmbares Reserverad (natürlich auch eine Drahtspeichenfelge), Benzin- und Öltank der Trockensumpfschmierung aus Edelstahl, auch das abnehmbare Bodenblech, drehbare Kardanwelle, ein Motorwunder mit zwölf Vergaseransaugtrichtern aus Edelstahl, ein Fahrwerk, unübertrefflich gestaltet, absolute Perfektion in jeder Ecke, in die des Sammlers Auge gar nicht kriechen kann. Man muss sich beispielsweise ziemlich verrenken, um den Sicherungskasten unter dem Armaturenbrett zu erspähen. Und dort kann man die einzelnen Sicherungen zählen. Man kann auch die Radspeichen zählen und wird zu dem Ergebnis kommen, dass sie der Speichenzahl eines Borrani-Rades auf einem Ferrari GTO entspricht. Wenn’s kein Kalauer wäre: Ja, man kann auch Nieten zählen. Und jede einzelne davon ist perfekt wiedergegeben. Wir haben uns allerdings, nach der Erfahrung mit den Lederriemen an der Motorhaube, nicht getraut, das Bodenblech abzuschrauben, um einen Blick auf das Lenkgetriebe und die Kardanwelle zu werfen.

Bei der Betrachtung (und Beschreibung) fallen einem die Worte „Kleinod“, „Schmuckstück“, „Perfektion“, „Kompromisslosigkeit“, „Juwel“ und „exzellent“ (im deutschen, nicht im englischen Sinne des Wortes) ein. CMC-Modelle spielen in ihrer eigenen Liga (also der Premier League), sind nahezu nicht vergleichbar, sind handwerkliche Kunstwerke mit auf die Spitze getriebener Detailtreue. Pars pro toto: Das Leder im Innenraum. Normalerweise eine heikle Angelegenheit. Leder, selbst das dünnste Leder, hat eine Stärke, wegen derer es sich den Oberflächenstrukturen eines 1:18-Sitzes nicht hundertprozentig anpassen kann. Versucht ein Hersteller es dennoch, so kann er auf das edle Material verweisen, aber wirklich schön ist das Ergebnis nicht. Bei CMC schon. Offenbar verwendet CMC Leder vom Hochland-Dünnhautkalb (das wir in Brehms Tierleben vergeblich suchen). Jedenfalls schmiegt sich das Leder perfekt an die Oberfläche des Schalensitzes. Allenfalls einen drehbaren Zündschlüssel vermissen wir. Das ist auch der Grund, warum der Motor nicht anspringt. Dieses Automodell wird, trotz intensivster Betrachtung, Geheimnisse behalten. Denn perfekt ist auch, was niemand sieht. Aber man weiß es. Und das ist das Geheimnis! Es ist der pure Luxus, Perfektion auch dort zu bieten, wo sie nicht zu sehen ist.

17 winzige Schrauben halten die Bodenabdeckung aus Nirostastahl, demontierbar. Sie verbessert die Aerodynamik, lenkt den Luftstrom und reduziert den Auftrieb.
Lauter Kleinigkeiten zum Aufmachen, mit extra beigelegtem Tool: Verschlussklappe für den Kühlwassereinfüllstutzen. Gut zu sehen: Die Startnummer ist weder ein Decal noch ein Druck, sondern schabloniert lackiert.
Noch eine Klappe zum Öffnen: hinter ihr verbirgt sich der Öleinfüllstutzen, und er sitzt beim rechtsgesteuerten Fahrzeug auf der linken Seite.
Auch die Klappe, unter welcher der Tankeinfüllstutzen versteckt ist, geht auf. Der Bereich hinter den Sitzen ist mit Leder überzogen, sogar mit Rautenmuster.
Scheibenwischer aus zehn Einzelteilen, beweglicher Haubenschnellverschluss, Lufteinlässe unter Plexiglas. Aber die absolute Herausforderung ist das wieder Verschließen der Riemengurte.
Alles funktionsfähig, die Radaufhängung, die drehbare Kardanwelle. Die Bremsleitungen sind schlichtweg eine Schau!
Es gibt Motoren, die dafür geschaffen wurden, ein Auto anzutreiben. Auch solche mit 300 PS. Und es gibt den Colombo-V12. Er ist ein ästhetisches und konstruktives Meisterwerk, eine Offenbarung. En gros im 250 GTO und en miniature im CMC 250 GTO.
Kofferraum ohne Platz für den Koffer. Dafür für ein drittes Borrani-Rad mit perfekt profiliertem Dunlop-Racing-Gummi der Größe 6,00×15. Hinten trug der GTO zwar breitere Reifen (6,50×15), aber im Notfall musste der schmale Vorderreifen reichen. Platz für einen Feuerlöscher ist auch.
Kann man sich eine schönere Wiedergabe einer Borrani-Speichenfelge vorstellen? Die vordere Felge trägt die Borrani-Bestellnummer RW3711. Unter dieser Nummer kann man sie noch heute fabrikneu bestellen (kostet 4.382 britische Pfund, einen Euro-Preis fanden wir nicht). Und aktuell nimmt man am besten einen Michelin-Klassikreifen 185 VR 15 XVS, rund 300 Euro teuer. Es gibt aber auch noch den klassischen Dunlop R5 Comp 204 Racing mit dem originalen Profil, aber ohne Straßenzulassung (550 Euro).

Grün, damit er nicht rot ist

Ein Ferrari ist rot. Der Betrachter erwartet dies. Rot steht jedem Ferrari, aber ein roter Ferrari ist ein Klischee. Also haben wir uns für Grün entschieden. Denn ein Ferrari ist normalerweise nicht grün, schon gar nicht grasgrün, schon gar nicht BP-grün – es sei denn, es ist ein David-Piper-Ferrari, denn alle David-Piper-Fahrzeuge sind grün, BP-grün. BP war dereinst sein Hauptsponsor und Piper blieb dessen Hausfarbe treu. Womöglich war auch sein Rollstuhl grün, nachdem er sein rechtes Bein ab Knie abwärts verloren hatte.

David Piper, Jahrgang 1930, fuhr ein Leben lang Rennen. Er fuhr sogar nach der Amputation weiter! Nach Bergrennen fuhr er das erste bemerkenswerte Ergebnis 1956 ein, 21. Rang beim Targa Florio als Copilot von Dan Margulies in einem Jaguar D-Type und war ansonsten mit seinem Lotus Eleven überall in Europa dabei, wo eine Startflagge gehisst wurde. Er brachte es sogar in die Formel 1. In den 60ern konzentrierte er sich auf Sportwagenrennen, war Privatier und pilotierte seine Privatwagen. Im Juli 1962 kaufte er den Ferrari 250 GTO (Chassis-Nummer 3767), mit dem er in der GT-Klasse regelmäßig abräumte (Brands Hatch, Goodwood, Crystal Palace) – so auch bei der Tour de France de l’Automobile 1962, wo er Vierter wurde hinter einem Ferrari 250 GT Berlinetta SWB und zwei weiteren Ferrari GTO, und den fünften Platz fuhr ebenfalls ein 250 GT Berlinetta SWB ein, auf dem siebten folgte erneut ein GTO. Bis März 1963 nutzte Piper seinen erfolgreichen Wagen und ersetzte ihn dann durch einen weiteren 250 GTO, danach durch einen Ferrari 250 LM. Ab 1965 stand er beim englischen Ferrari-Importeur als Werksfahrer unter Vertrag und half auch der Scuderia in Maranello als Fahrer aus, wenn jemand ausfiel.

1969/70 wurde er dem Springenden Pferd kurzfristig untreu und war Porsche-Werksfahrer zu Zeiten des schwierig zu steuernden 917. Der Unfall, der ihn den rechten Unterschenkel kostete, ereignete sich mit einem 917er beim Dreh zum Steve-McQueen-Film „Le Mans“. 1971 kaufte Piper einen Porsche 917, ließ ihn natürlich sofort wieder grün lackieren und gewann das 9-Stunden-Rennen von Kyalami. Piper war ein charismatischer Fahrer, durch seine grünen Autos hinlänglich bekannt (man sprach vom „Piper Green“), aber unterm Strich kein Champion. Nach eigenen Angaben besaß David Piper im Laufe seines Lebens fünf neue und zwei gebrauchte Ferrari 250 GTO, daneben sechs 250 LM. Heute, im Alter von über 90 Jahren, hat er immer noch einen davon, zudem einen P2 und einen 330 P3. Alle in Grün. David Piper ist ein großer Ferrari-Fanatiker, und ein Großteil seines noch heute ihm anhaftenden Ruhmes in Ferrari-Kreisen fußt auf der Farbe Grün. Piper wagte die Gotteslästerung, einen Ferrari in Grün zu tauchen. Und weil er nicht nur ein Provokateur war, sondern auch Siege einfuhr, durfte er das, mit dem Segen aus Maranello. Der 250 GTO, mit dem Piper zusammen mit seinem Freund Dan Margulies als Copilot bei der Tour de France de l’Automobile 1962 siegte, ist seit 1963 im Besitz des britischen Sammlers Anthony Bamford. Interessanterweise ist der Wagen rechts gesteuert, also inseltauglich, war aber, trotz Pipers Privateigentum, in Maranello zugelassen.

Ein Gentleman-Driver, sagt man, und ein absoluter Ferrari-Fan: David Piper im Anzug…
Foto: Archiv Porsche
…und im Overall mit Sportlermütze.
Foto: Archiv Porsche
Ausnahmsweise nicht im Ferrari, sondern im Porsche bei Eifelregen unterwegs: David Piper/Frank Gardner auf Porsche 917 Kurzheck beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring 1969, im Ergebnis Achter geworden.
Foto: Archiv Porsche

Emozioni italiane: Von Zornausbrüchen und wallendem Blut

Sieben Ferrari 250 GTO gingen also durch David Pipers Hände, sieben von 36, die zwischen Januar 1962 und September 1963 gebaut wurden. Manche Historiker rechnen die drei 330 GTO dazu (250-GTO-Chassis mit 4-Liter-Superamerica-Motor), und kommen auf 39. Das 250-GTO- Herz (wirklich: Herz!, nicht nur Motor) war der 60°-V12, den Gioacchino Colombo 1952 entwickelt hatte: 250 Kubik Hubraum pro Zylinder, deshalb nach üblicher Ferrari-Nomenklatur ein Ferrari 250, der Urahn einer Typenfamilie, die im GTO ihren Gipfel fand. 1957 hatten die Ferrari-Ingenieure Chiti, Rocchi und Salvarani den Colombo-V12 einer Verjüngungskur unterzogen. Bohrung und Hub blieben ebenso unverändert wie die beiden einzelnen, oben liegenden Nockenwellen. Verändert wurden die Pleuel, neue Zylinderköpfe mit je sechs einzelnen Ansaugkanälen, die Zündkerzen saßen fortan an den Außenseiten der Zylinderreihen, höhere Verdichtung. Der Colombo-V12 leistete nun dank sechs Weber-Doppelfallstrom-Vergasern 300 PS, ein reinrassiger Testa Rossa mit der Bezeichnung 168/62. So wurden Ferrari-intern die Rennsportmotoren genannt und mit einem rot lackierten Zylinderkopf als solche definiert.

Daraus entstand der GTO, ein Kind von Chefingenieur Giotto Bizzarini, Carlo Chiti und dem Produktionsleiter Fausto Galarsi – unter persönlicher Aufsicht von Enzo Ferrari. Bizzarinis Kreation war die erste Ferrari-Karosserie, die gezielt nach aerodynamischen Gesichtspunkten ausgerichtet und im Windkanal der Universität Pisa optimiert wurde. Es kam zu einer firmeninternen Meuterei im Zorn gegen Enzos Allmacht, die dieser mit dem Rauswurf der Aufrührer beantwortete. Chiti, Galarsi und Bizzarini kamen sofort bei ATS unter, Enzo verjüngte sein Entwicklungsteam um den jungen Ingenieur Mauro Forghieri: Der erste GTO wurde Ende 1961 fertig und im Februar 1962 auf der jährlichen Pressekonferenz vorgestellt. Das einzige, was dem Prototypen noch fehlte, war die aufgenietete Abrisskante am Heck. Es blieb beim Leiterrahmen-Fahrwerk, das vorne pro Seite zwei Dreiecks-Querlenker plus Schraubenfeder aufnahm, hinten blieb es aus Homologationsgründen bei der Starrachse, zur Raison gebracht durch parallele Längslenker, ein Wattgestänge, Längsblattfedern und Teleskopstoßdämpfern, rundum Dunlop-Scheibenbremsen, die man durch die Borrani-Drahtspeichenfelgen gut sieht. Der Aufbau wurde von der Carrozzeria Scaglietti aus Alublechen gedengelt, Seiten- und Heckfenster waren aus Plexiglas. Das Design stammt von Giotto Bizzarini und wurde nach dessen Rauswurf von Sergio Scaglietti zusammen mit dem neuen Chefingenieur Mauro Forghieri vollendet, also ausnahmsweise kein Pininfarina-Ferrari und auch keiner, der sich einem einzelnen Designer zuschreiben lässt.

Der 250 GTO ist die absolute Ferrari-Legende, technisch wie optisch ein Meisterwerk seiner Zeit, noch heute, nach 60 Jahren, Gesprächsstoff – und kein Fahrzeug erreicht als Gebrauchtwagen derartig hohe Preise. Ihre Hochphase war fulminant, aber kurz. 1962 und 1963 siegten sie absolut überlegen in der Marken-WM der Division III. 1964 musste bereits eine Intrige Enzo Ferraris dafür herhalten, um die Marken-WM vor den Shelby-Cobras zu gewinnen. Auch Ikonen haben ein Verfallsdatum. Aber diese Ikone vermag es noch heute, Blut in Wallung zu bringen – „in echt“ ebenso wie als Miniatur. Und wenn die Miniatur ein CMC-Modell ist, so wallt das Blut nicht nur. Es kocht.

Fotos restaurierter GTOs gibt es wie Sand am Meer. Seltener sind zeitgenössische Aufnahmen eines GTO in Aktion. Hier ein 330 LM GTO beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring 1962, Willy Mairesse und Mike Parkes pilotierten ihn auf Rang 2.
Foto: Woda/Archiv afs

Exklusivität ist nicht nur eine Frage der Stückzahlen

Die Erstauflage der CMC Ferrari 250 GTO, ab 2015 erschienen, ist seit vielen Jahren ausverkauft. Gebrauchtwagen erzielten spätestens ab 2019 durchweg vierstellige Preise, zumindest auf dem freien Markt. Im Herbst 2023 begann CMC, die Neuauflage peu-à-peu in rund zehn unterschiedlichen Versionen auf den Markt zu bringen. Das sind minutiös dem Vorbild entsprechende Versionen, aber auch solche Dinge wie Christmas Edition 2023 in Schwarz. Jedem Tierchen sein Pläsirchen… Immerhin war der erste Ferrari GTO der Neuauflage, die rote, undekorierte Version London Motor Show 1962, bereits im Januar werksseitig ausverkauft, 2000 Stück. Natürlich, zehn GTO à rund 2000 Stück ergeben 20.000 Modellautos. Also ist ein CMC Ferrari GTO gar nicht so exklusiv. Exklusiv ist hingegen das Privileg, sich einen leisten zu können. Weltweit sind nicht nur viele solvente Sammler, sondern auch viele Spekulanten unterwegs, die auf jene solventen Sammler spekulieren, die aus welchen Gründen auch immer jetzt, das das Modell verfügbar ist, keinen erwerben, aber später ein unstillbares Begehren empfinden werden. Insofern, selbst wenn man rein das „Investment“ im Auge hat, mag der Erwerb eines aktuellen CMC GTO gar nicht so falsch sein. Billiger wird er sicher nicht. Aber wahrscheinlich teurer.

Die seit Ende 2023 ausgelieferten CMC GTO-Zweitauflagen-Varianten, alle in 2000er oder 2200er-Auflage (ohne Gewähr, dass sie noch werksseitig lieferbar sind): M-247 RHD Stirling Moss, M-248 British GP GT-Rennen Silverstone 1963 (David Piper # 44), M-249 RHD 1000 km Paris, Montlhéry 1962 (John Surtees # 11), M-250 RHD Tour de France 1962 (David Piper # 153, unser Fotomuster), M-251 RHD Tourist Trophy 1962 (Graham Hill # 10), M-252 Targa Florio 1964 (Norinder/Troiberg # 112), M-253 Le Mans 1962 (# 22), M-254 1000 km Paris, Montlhéry 1962 (Pedro Rodriguez # 1), M-255 Montlhéry Historical Race Laguna Seca 2004, M-256 dito, M-259G schwarz, Classic Gala Schwetzingen (Auflage 400 Exemplare), M-272 Sondermodell Techno Classica 2024 „Röntgenmodell“ unlackiert mit Blick auf die technischen Innereien (Auflage 400 Exemplare).

afs

All open am CMC GTO, und die Hauben halten auch ohne Abstützstangen offen. Gut zu sehen die Lederriemen an der Motorhaube. Sie zu öffnen, ist ein leichtes. Sie wieder zu verschließen hingegen…
Natürlich von Nardi. Ein originales Nardi-Lenmkrad für einen Ferrari GTO bringt heute auf Auktionen rund 5000 bis 7000 US-Dollar. Es ist aber auch wunderschön! Und CMC miniaturisierte es tadellos, sogar mit der schwarzen Holzeinlage.
Der Blick möge auf den Sicherungskasten unter dem Armaturenbrett gerichtet sein. Wir sind über uns selbst erstaunt, dass wir uns für einen Sicherungskasten begeistern können.

Steckbrief:

CMC M-250 Ferrari 250 GTO Tour de France 1962 (# 153, David Piper/Dan Margulies). Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. Auflage 2000 Exemplare. UVP 694 Euro.