Faszination Modellautos

1/18

News 1:18 Norev Mercedes 200 Universal W110 (IMA) 1966

Belgier mit Stern

Der Peilstege-Mercedes als Kombi – das ist der Mercedes Universal aus dem belgischen Karosseriewerk IMA. Norev baut ihn auch, achtzehn Mal kleiner, als vierzylindrigen 200er mit den runden Scheinwerfern. Nach etlichen dunklen Farben erscheint er erstmals hell, nämlich cremeweiß mit beigefarbenem Interieur.

Vor dem Krieg und in den 50er Jahren waren Autos dunkel lackiert. In den 60ern hellte sich das Erscheinungsbild auf den Straßen auf, wurde aber nicht farbig. Es dominierten Schattierungen von weiß, beige und hellgrau. Deshalb gab es natürlich dennoch weiterhin dunkle Farben. Norev hat seinen Mercedes Universal bisher nur dunkel gebracht. Jetzt erhellt er sich, und zwar gewaltig. So hell war er noch nie: Cremeweiß 439, damals eine der populärsten Farben auf der Mercedes-Palette. Und innen auch hell, ein Modell ohne Schatten.

Gerne wird der Mercedes Universal heute als erster Lifestyle-Kombi des Untertürkheimer Hauses bezeichnet, als Ahnherr des T-Modells, das zwei Generationen später 1978 auf Basis des W123 erschien und tatsächlich eine Zeitenwende in Sachen Kombi darstellte – weg vom Handwerkerfahrzeug, hin zum Familienwagen mit mehr Platz als die konventionelle Limousine. Das ist ein schönes Narrativ, aber es stimmt hinten und vorne nicht. Der Mercedes Universal war kein Lifestyle-Kombi, sondern ein harter Hund und ein Kombi von altem Schrot und Korn – aber eben ein Mercedes. Und er war keine Daimler-Benz-Konstruktion, sondern stammt aus dem belgischen Karosseriewerk IMA (Abkürzung für Importateur des Moteurs d’Automobiles). Daimler-Benz nahm ihn ins eigene Verkaufsprogramm auf. Das heißt, man konnte ihn beim Mercedes-Händler kaufen. Doch Daimler-Benz bot ihn nur halbherzig an. So gab es beispielsweise keinen extra Prospekt, sondern nur ein Einlageblatt im Limousinenprospekt. Die Zeit war damals einfach noch nicht reif für einen Mercedes-Kombi. Außerdem war er zu teuer. Ein Mercedes war schon immer teuer. Doch der Kombi übertraf die jeweilige Limousinenversion um 4000 D-Mark. Dafür bekam man Mitte der 60er Jahre einen VW Käfer. Der Universal war eben kein Fließbandfahrzeug, sondern ein in manueller Kleinserie hergestelltes Elaborat eines Karosseriebauers.

Jenseits von Stuttgart: Universal aus Mechelen

IMA war Mercedes-Importeur für Belgien und baute den Universal, der zusammen mit dem Werk konstruiert wurde. Die ersten Mercedes Universal entstanden Anfang 1965 als 190 D, später folgten die aufgewerteten Modelle 200, 200 D, 230 und sogar der 230 S (mit langem Vorbau und aufrecht stehenden Scheinwerfern). Gebaut wurden sie im IMA-Karosseriewerk in der flämischen Stadt Mechelen, wo auch Mercedes W110 Limousinen und Saab für den belgischen Inlands-Markt montiert wurden. Ab 1965 entstanden 2754 Mercedes Universal. Ursprünglich waren 5000 Exemplare pro Jahr vorgesehen gewesen, aber wegen seines hohen Preises und des bockigen Fahrverhaltens war der Mercedes Universal ein Flop – zumal seit Mitte der 60er Jahre auch Ford mit dem sechszylindrigen 20m einen komfortablen Kombi der oberen Mittelklasse offerierte, ganz zu schweigen vom Citroën DS Break. IMA stellte Anfang der 70er Jahre die Automobilmontage ein.

Der Norev-Universal ist ein richtiges Prachtmodell: vier zu öffnende Türen, Heckklappe und Motorhaube gehen auf, das Modell ist sowohl gefedert als auch lenkbar. Es sieht hervorragend aus. Den bisherigen Plastik-Stern auf dem Kühler, den wir wegen seiner Dreidimensionalität und Stabilität stets bevorzugten, musste anlässlich dieser neuen Farbvariante zugunsten der heute von Norev verbauten Fotoätz-Sterne weichen. Das Modell ist nach allen Regeln der Kunst konzipiert und strahlt viel mehr Luxus aus, als man dem Original je nachgesagt hat, innen Teppichboden (was das Original nie hatte, nur Einlegeteppiche gegen Aufpreis, welche die Gummimatten bedeckten), Interieur zweifarbig in hellem Beige und hellem Braun, die Türinnenverkleidungen sogar dreifarbig, weil oben herum schwarz, ein schönes, elfenbeinfarbenes Lenkrad mit Hupring, der Laderaumboden holzfarben. Die Räder haben die richtige Größe, 15-Zöller, und sind merklich größer als die üblichen Mercedes-14-Zöller. Ein Modell, das durchweg Freude bereitet.

afs

Ein repräsentativer Kombi, ein Mercedes Kombi. Die Antwort von Mercedes auf den sechszylindrigen Ford Taunus 20m P5 Turnier und auf die DS Break. Ansonsten gab es in dieser Klasse kaum etwas Europäisches in Sachen Kombi. Opel hatte damals nur Handwerker-Kombis, nichts Luxuriöses.
Modellfotos: bat
Der offizielle Kombi im Mercedes-Programm: 190 D Universal mit Aufbau des belgischen Karosseriebauers IMA. Auch als Muscle-Kombi zu haben, als 230 Universal mit 105 PS unter der Haube, 1966 für 15.900 Mark erhältlich und damit 4000 Mark teurer als die Limousine.
Foto: Archiv Daimler-Benz
Bescheidene Werbung: Mercedes selbst legte dem Limousinenprospekt ein zusätzliches Kombi-Blatt bei. IMA in Belgien hingegen ließ einen Farbprospekt drucken, auf französisch und auf flämisch.
Foto: Archiv afs

Steckbrief:

Norev 183599 Mercedes 200 Universal W110 (IMA) 1966 cremeweiß. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. UVP 95 Euro.