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News 1:43 Norev Jet-Car Ford (USA) Gran Torino

Echte und falsche, alte und neue, große und kleine Gran Torinos

Der Ford Gran Torino aus der US-TV-Serie Starsky & Hutch ist ein Kultobjekt in USA und Europa und verkörpert durch seine ikonographische Farbgebung die 70er Jahre schlechthin. Norev macht den Gran Torino nun in 1:43 in seiner Serie Jet-Car. Und obendrein einen „schnöden“ Renault 12 in 1:18 im Starsky & Hutch-Outfit.

Der Torino gehörte Herrn Starsky. Herr Hutch fuhr einen verkommenen Ford LTD, der in der US-Krimiserie kaum eine Rolle spielte. Zwischen 1975 und 1979 wurde Starsky & Hutch abgedreht, lief in Westdeutschland später (1978/79), eine typische US-45-Minuten-Räuber-und-Gendarm-Serie mit komödiantischen Einlagen. David Michael Starsky (alias Paul Michael Glaser) hat als Filmauto einen roten Ford Gran Torino (Bright Red 2B), zunächst ein 1974er, dann ein 1975er und 1976er Modell mit Custom-Felgen (Ansen Sprint 5-slot-Magnesiumfelgen), und einem nicht serienmäßigen, charakteristischen weißen Seitenstreifen, der sich nach vorne verjüngt und in der breiten C-Säule mündet. Hinten ist das Auto ein wenig höher gelegt. Der Wagen sah gut aus, sorgte für Furore. Aber letztlich ist es mehr als lächerlich, dass ausgerechnet ein Team zweier Cops in einem dermaßen auffälligen Fahrzeug patrouilliert. Im Film wird der Wagen „striped tomato“, also gestreifte Tomate, genannt. Im Laufe der Jahre, mit jeder Starsky & Hutch-Wiederholung, wurde der rote Torino populärer, geradezu ikonisch für die 70er Jahre, vor allem in den USA, aber auch überall dort, wo die synchronisierte Serie lief (und das zumindest all over Europe). Ford-USA selber sprang auf den Popularitätszug auf und baute 1976 eine kleine Serie von 1305 tomatenroten Gran Torinos mit weißen Streifen. Nicht nur das. Die Lackierung inspirierte viele Eigentümer roter Autos jedweden Typs, ihren Wagen mittels eines roten Zierstreifens zu individualisieren. Egal, was derart lackiert war – die Assoziation zu Starsky & Hutch war gegeben, das Auto wurde zum Statement.

Einem Starsky & Hutch Gran Torino zu begegnen, ist kein seltenes Erlebnis. Vielleicht ist es seltener, einem zu begegnen, der nicht im Starsky & Hutch-Look lackiert ist. Dieser ist Modelljahr 1976, das letzte, das der Gran Torino erlebte. Heute ist dieses Auto auch eine Art Symbol für untergegangene amerikanische Werte.
Foto: Sicnag

Freies Improvisationstheater aus Spanien

Spanische Miniaturautohersteller ließen in den 70er Jahren ihren Trieben freien Lauf. Sie wollten vom Starsky & Hutch-Hype profitieren, waren aber nicht bereit, in den Formenbau eines Ford Gran Torino in 1:43 zu investieren. Macht nichts, dachten sie, wir haben ja anderes im Programm. Weiter dachten sie wohl, ihre Klienten, die Mütter der Jungs, hätte von Autos überhaupt keine Ahnung und die Jungs selbst seien mit dem zufrieden was man ihnen biete. So lackierte Pilen seinen AMC Javelin SST von 1969 in Rot mit weißem „Vector“ und Mira versah gar einen Volkswagen Scirocco I mit rotem Lack und weißem Hockeyschläger an den Flanken. Ganz schön dreist! Pilen wiederholte dies und schuf ein weiteres „Fake-Car“: Aus deren Intermeccanica Indra von 1971 wurde durch schwarze Lackierung ganz plötzlich ein 1982er Pontiac Firebird Transam, und auf der Schachtel stand „Coche Fantastico KITT“. So schnell und einfach kommt man zum Knight-Rider-Filmauto! Auch Mira ruhte sich nicht aus und lackierte seinen Scirocco in Weiß mit „The Saint“-Logo auf der Motorhaube. „Unser Scirocco sieht in den Augen unserer doofen Kunden doch aus wie der originale Jaguar XJ-S im Film“, werden die Mira-Manager wohl argumentiert haben. Das Gleiche bei Guisval: Dort wollte man ein Baretta-Auto machen, hatte aber keinen Chevy Impala im Programm. Was soll’s! Dann eben ein Fiat 130 Coupé.

Norev hingegen zitiert ein anderes Thema in 1:18, das ebenfalls freie Improvisationstheater auf Europas Asphalt in den frühen 80ern, als Autofahrer sich noch eine Ganzlackierung für ihren Gebrauchten leisten konnten: Ein Renault 12 TS von 1972 erschien jüngst im Norev-online-Shop in 300er-Auflage in Tomatenrot mit weißen Fergat-Sportstahlfelgen und ebenso weißer Seitenzier à la Starsky & Hutch-Torino. Das ist eine sehr nette Idee! Denn Modellautos widerspiegeln ja zumeist den Neuwagenzustand und nur ganz selten den Ist-Zustand auf der Straße.

Am Schnellsten war seinerzeit Corgi Toys und erwarb eine Starsky & Hutch-Lizenz, Corgi war auf TV- und Filmautos spezialisiert. Es gab das Modell im damals üblichen Corgi-Maßstab 1:36 sowie in der Corgi-Juniors-Serie in Matchbox-Größe, beide zwischen 1977 und 1981. Den 1:36er legt Corgi bis heute immer wieder auf (nun made in China statt made in Gt. Britain), gerne auch mit Figuren der beiden Protagonisten, entweder aus Resine oder aus Weißmetall.

Minichamps hatte Ähnliches vor. Zwischen 2005 und 2010 gab es eine Episode, da sich Minichamps um Film- und Kinofahrzeuge kümmerte, vor allem James Bond fand seine Würdigung in 1:43. In dieser Zeit erschien von Minichamps ein 1974er Ford Gran Torino, tomatenrot wie das Filmauto, die Magnesiumfelgen wie das Filmauto, aber ohne weißen Seitenstreifen wie das Filmauto und somit eben kein Starsky & Hutch-Torino. Auf Caramini-Nachfrage erinnert sich Minichamps-Chef Paul Günter Lang: Minichamps hatte bereits in die Formwerkzeuge investiert, das Modell war weit gediehen, bevor man sich um die Lizenz beim Film-Rechteinhaber bemühte. Die Lizenzgebühren waren angesichts der zu erwarteten Auflage deutlich zu hoch.

Andere zahlten und brachte Starsky & Hutch-Fahrzeuge, in der Modellauto-Ära nach 1990. Den 1:18-Sektor deckt Ertl mit einem sehr guten all-open-Modell ab, den in den USA populären und in good old Europe aufstrebenden Maßstab 1:64 bediente Johnny Lightning. Dieser Hersteller war in den USA sehr erfolgreich, trieb die Mattel Hot Wheels vor sich her, setzte Qualitätsstandards in 1:64, machte tatsächlich aus dem „three-Inches-Spielzeugauto“ ein gutes Modellauto. 2013 war Schluss, Johnny Lightning, nunmehr im Eigentum von Tomy in Japan, ging ein, um 2016 wiederbelebt zu werden. Letztlich ist der heutige Trend zu 1:64-Modellautos auf die Marke Johnny Lightning zurückzuführen. Den ebenfalls sehr amerikanischen Maßstab 1:24 bedient Green Light, zusätzlich macht diese Firma eine preiswerte Alternative zum Ertl-1:18-Modell. Und wer es ganz groß haben möchte, kann einen Starsky & Hutch-Gran Torino in 1:8 als Partwork-Modell aus dem Hachette-Verlag zusammenbauen. Als Slot-Racer? Natürlich, bitteschön, in 1:32 von Scalextric. In H0? Auch kein Problem, das Brekina-Modell ist zumindest antiquarisch erhältlich. Es gibt dieses Filmauto in jeder Preisklasse und in jedem Maßstab. In jedem Maßstab? Man sollte es meinen, aber im traditionellsten Maßstab 1:43 hat es ihn bislang nicht gegeben. Jetzt schon. Einwand, Euere Ehren! Minichamps? Ja, schon in 1:43, aber das ist ja kein Starsky & Hutch-Auto, sondern „nur“ ein roter Gran Torino.

Ist das ein Ford Gran Torino, was da im Starsky & Hutch-Livrée unterwegs ist? Nein, ist es nicht. AMC Javelin von Pilen und VW Scirocco von Mira. In heutigem Duktus: alles Fake! Die spanischen Miniaturautofabrikanten haben ihre kleinen Kunden für blöde verkauft.
Nochmals Pilen, nochmals Fake: Wer keinen ’82er Pontiac Firebird im Programm hat, aber das Filmauto aus Knight Rider verkaufen möchte, nimmt eben einen Intermeccanica Indra von 1971 dafür her. Und erneut Mira: Der gleiche Scirocco durfte auch als „The Saint“-Auto herhalten. Das Original: ein Jaguar XJ-S. „Das merkt doch niemand“, dachte sich das Management. „Die Kunden sind alle doof. Nur wir sind schlau!“
Die Spanier eben: Auch Guisval interpretierte die Realität sehr großzügig, verkaufte seinen kleinen Kunden ein Fiat 130 Coupé als Chevrolet Impala und machte daraus das Filmauto aus der TV-Serie Baretta.
Hier wird kein R12 zum Substitut eines Full-Size-Amerikaners. Sondern hier wird an die Mode der späten 70er und frühen 80er erinnert, alles mögliche Vierrädrige durch entsprechende Lackierung in den Adelsstand des Starsky & Hutch-Filmautos zu erheben. Eine nette Idee und eine hübsche Umsetzung von Norev in 1:18.
Zum tomatenroten Lack hat es gereicht, zu den Magnesuiumfelgen auch. Aber nicht zum weißen Seitenstreifen: steckengebliebener Gran Torino von Minichamps aus dem Jahre 2012, der ein Starsky & Hutch-Fahrzeug werden wollte, aber nicht durfte.

Chestnut Brown und die gestreifte Tomate

Die (un-)leidige Sache mit den Lizenzen ist sattsam bekannt. Aber es gibt einen Trick, sie zu umgehen. Norev praktiziert ihn mit seinen „Film“-Modellen aus der Jet-Car-Serie, KK-Scale macht das in 1:18 auch so. Und so manch anderer Hersteller ebenfalls. Wer keine Lizenzgebühren bezahlen möchte, miniaturisiert ganz einfach nicht das originale Filmauto, sondern ein Replikat, das irgendwer mal angefertigt hat. Es gibt hunderte tomatenroter Gran Torinos mit weißen Streifen, weiße Lotus Esprit, silberne Aston Martin DB5, orangefarbene Dodge Charger mit Südstaatenflagge auf dem Dach. Ein solches Auto wird nachgebildet, und nirgends auf der Verpackung oder in der Werbung wird auf James Bond, Starsky & Hutch, The Dukes of Hazzard oder dergleichen hingewiesen. Der Kunde assoziiert mit dem Modell natürlich das Film-Vorbild, aber das ist nur eine Projektion. Der Modellautohersteller ist auf der sicheren Seite, der Film-Rechteinhaber guckt in die Röhre.

Der Starsky & Hutch-Gran Torino gehört der dritten Torino-Generation (1972 bis 1976) an, die – unüblich für US-Cars dieser Zeit – zwischen 1974 und 1976 keine äußerliche Veränderung erfuhr. Norev macht also das Modell ’74 bis ’76, einmal in der Filmlackierung Tomatenrot mit weißen Streifen, zum anderen als ziviles Fahrzeug in Chestnut Brown mit schwarzem Vinyldach, innen jeweils schwarz und berädert mit den Felgen des Filmautos. Die sind gut gemacht und durchbrochen, und generell ist der Gran Torino ein einfaches, aber gutes Modell. Auf Chrom muss der Sammler verzichten, alles gesilbert, auch die Stoßstangen und Felgen, die Außenspiegel (leider!) wieder angegossen, aber formal ist der Gran Torino erste Güte. Der weiße Streifen am Filmauto ist ein Druckwerk, und es trägt rechts auf dem Dach ein Gelblicht, welches Hutch, der Beifahrer, stets lässig auf das Dach magnetisierte, wenn die Herren Starsky und Hutch im Einsatz waren – was stets in einer wilden Verfolgungsjagd mit Stunts gipfelte, die Paul Michael Glaser gerne selbst vollzog.

afs

Das Jet-Car von Norev zum unglaublichen Preis: In Chestnut Brown mit schwarzem Vinyldach ein ziviler Gran Torino des Jahrgangs 1974 und im Starsky & Hutch-Kleid der ’75er Gran Torino.
Modellfotos: bat

Steckbrief:

Norev Jet-Car 270586 Ford (USA) Gran Torino 1974 braunmetallic und 270587 dito 1975 rot. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP je 10 Euro.

Norev 185249 Renault 12 TS 1975 rot mit weißem Flankenstreifen. Fertigmodell Zinkdruckguss, Maßstab 1:18. Auflage 300 Exemplare. UVP 69,90 Euro (zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen noch im Norev-online-Shop verfügbar).