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News 1:43 Norev Polestar 3 und 4 2024

Das Polarlicht fackelt trübe

Neue Polestar-Modelle von Norev, nach wie vor die ästhetischen Kreationen von Thomas Ingenlath. Doch der Stern des Designers und gleichzeitigen CEOs von Polestar sank dieses Jahr, ein Opel-Mann soll’s richten. Was mag dann aus der innovativen Marke Polstar werden? Und wird es weiterhin regelmäßig Industriemodelle von Norev geben?

Wenn ein Betriebswirt einen Autokonzern leitet, stellt er Betriebswirte ein und die konstruieren vernünftige Autos. Wenn ein Designer an die Spitze eines kleinen Tochterunternehmens gesetzt wird und sich austoben darf, entstehen zumindest interessante Kreationen, vielleicht gar automobile Herzensbrecher. So war das bei Polestar. So hieß ursprünglich die Performance-Abteilung von Volvo – eher ein Wurmfortsatz, denn sonderlich sportlich war Volvo nie. Dann wurde Polestar zur eigenen Marke für Volvos Elektromobilität, kühl und nordisch, professionell und mutig. Der Designer Thomas Ingenlath leitete und zeichnete Polestar, setzte so manches Ausrufungszeichen, die Formen feinsinnig, die Materialien erlesen. Ingenlath vermochte es, aus Elektroautos keine Karikaturen ihrer Verbrenner-Pendants zu machen, bemühte sich auch nicht um insektoide Formen ohne Vorne und Hinten, sondern schuf ästhetischen Genuss. manchmal übertrieb er es ein bisschen. So hat der neueste Polestar, das Modell 4, nicht mal mehr eine Heckscheibe. Genügend Kameras machen sie überflüssig. Ingenlath emanzipierte Polestar immer mehr von der Mutter Volvo und erkämpfte „seiner“ Marke eine erstaunliche Eigenständigkeit im Schoße des chinesischen Geely-Konzerns.

Viel gelobt wird er für seine Schöpfungen. Allein – das reicht nicht, wenn die Rendite nicht stimmt. Dieses Jahr stand ein Wechsel an der Firmenspitze an, erfahrene Männer sollen Polestar auf die richtige Spur bringen, Leute, die von Opel und Volkswagen kommen. Ob das, gerade heute, gerade in Hinsicht auf die Elektromobilität, gute Referenzen sind, sei dahingestellt. Jedenfalls wissen sie, wie man ein Unternehmen betriebswirtschaftlich ausrichtet, jegliche Kreativität im Keim erstickt, und die Controler werden sich gegen die Ästheten wenden. Doch was soll man sagen: Bilanzen sind Zahlen, Zahlen lügen nicht. Beim Börsengang 2022 wurde Polestar mit 28 Millionen Dollar bewertet. 90 Prozent davon haben sich im Orbit verflüchtet. Im Oktober dieses Jahres wurde Thomas Ingenlath von Michael Lohscheller abgelöst, der bis vor drei Jahren als Vorstandsvorsitzender von Opel tätig war, aber die Erwartungen seines Big Boss’ Carlo Tavares nicht erfüllen konnte, die Opel-Werke so effizient zu gestalten wie die Peugeot-Citroën-Werke in Frankreich.

Die Freunde der außergewöhnlichen und schönen Formen bei Polestar haben also Grund zur Sorge. Norev hat es auch. Polestar ist bisher ein guter Kunde bei Norev, ließ dort jedes Fahrzeug als 1:43-Industriemodell fertigen. Bisher sind es deren vier seit 2019, sie werden durchnummeriert (Polestar 1 bis Polestar 4). Es gab auch einige hinreißende Studien, allesamt von Ingenlath gezeichnet, von denen allerdings keine 1:43-Miniaturen existieren. Ob die neuen Polestar-Controler den Luxus, sich Miniaturen der eigenen Autos zu leisten, weiterhin erlauben werden?

Im Fachhandel preiswerter denn als Accessoire

Nach den Industriemodellen ist nun der Fachhandel an der Reihe. Mit 38 Euro sind die Polestar-Miniaturen ein wenig teurer als die meisten anderen Norev-Dreiundvierziger, die zumeist 35 Euro kosten. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass sich Fachhandelspreise mehr oder weniger an der Kalkulation der Autokonzerne für deren Industriemodelle orientieren sollten. Manchmal wird dies sogar vertraglich festgelegt. Polestar veranschlag für die Norev-Modelle im eigenen Accessoireprogramm je nach Typ zwischen 45 und 70 Euro. Letzterer Preis gilt für den brandneuen Polestar 4, und das ist fast das Doppelte des Norev-Fachhandelspreises. Dabei hat Polestar nicht mal andere Farben als der Fachhandel! Lediglich die Verpackung ist etwas luxuriöser. Der Weg zum Polestar-Händler lohnt sich also wahrlich nicht, um Norev-Polestars zu kaufen. Den Modellautofachhandel freut’s!

Der Polestar 3 ist ein Crossover mit leichten SUV-Allüren, gefertigt seit Februar 2024 in China und August 2024 in den USA, seit Sommer in Europa lieferbar. Der Polestar 4 ist ein SUV-Coupé, seit Ende 2023 in China in Produktion, seit Sommer 2024 Europa-Verkauf. Das ist jener Wagen, bei dem Thomas Ingenlath auf die Heckscheibe verzichtet. In folgende sechs Farben bietet Norev den Polestar 3 an: Midnight, Space, Thunder, Magnesium, Snow, Jupiter, und den Polestar 4 gibt es ebenfalls sechs Mal in Space, Storm, Gold, Magnesium, Electron und Snow. Polestar verwendet elementare und kosmische Farbbezeichnungen, aus denen der eigentliche Farbton nicht direkt hervorgeht, sondern abstrahiert werden muss. Auch das gehört zur Firmenphilosophie. Herr Lohscheller wird „Electron“ womöglich in „Steel Blue Metallic“ umbenennen, denn wenn mehr Käufer die Farbbezeichnungen begreifen, verkauft er sicherlich gleich viel mehr Autos. Und zeigt dem Ingenlath ganz schnell, was er alles falsch gemacht hat.

afs

Electron und Gold sind unsere Polestar 4. So golden sind die Aussichten für Polestar aber nicht. Hohe Preise wegen hoher Inflation und hoher Zölle, geringe Nachfrage nach Elektroautos außerhalb Chinas und ein von Tesla ausgelöster Preiskampf machen den Ingenlath-Schönheiten zu schaffen.
Modellfotos: bat
Beim Polestar 3 entschieden wir uns für Jupiter und Midnight. Als er im Februar 2024 erschien, hatte sich Volvo soeben als Hauptanteilseigner verabschiedet, nun hält Geely die Mehrheit. Die Produktion ist ausschließlich in China. Das macht den Polestar wegen der Zölle künftig teuer in Europa und in den USA.
Thomas Ingenlath bei der Präsentation des Polestar 4 auf der Auto Shanghai 2023. Der neue Wagen drehte sich inmitten von 80.000 echten Tulpen, was die enge Verbindung zwischen Technologie und Natur symbolisieren soll.
Foto: Polestar

Steckbrief:

Norev 874011 Polestar 4 2035 Electron und 874013 dito Gold, Norev 873011 Polestar 3 2024 Midnight und 873013 dito Jupiter. Fertigmodelle Zinkdruckguss, Maßstab 1:43. UVP je 38 Euro.