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Sammeln: Siku/Wiking-Modellwelt schließt

Sieperwerke: Es kriselt, man spart

Ein trüber Herbst für die Sieperwerke, die Heimat der Marken Siku und Wiking. Nach den ersten Meldungen im Oktober über Stellenabbau kommt nun jene über die Schließung der Siku/Wiking-Modellwelt. Über solche negativen Entwicklungen berichten wir nicht gerne. Beim ersten Mal bemühten wir uns um Objektivität. Diesmal berichten wir zwar auch journalistisch, können und wollen uns aber den ein oder anderen Kommentar nicht verkneifen.

Auf die Kosten schauen Unternehmen, wenn es der wirtschaftliche Druck nötig macht. Arbeitsplätze werden abgebaut, Restrukturierungen vorgenommen, Geschäftsbereiche werden zusammengelegt oder ganz aufgegeben. Wenn es kriselt, wird evident, welche Versäumnisse in der Vergangenheit liegen, welches Sparpotenzial oder welches Entwicklungspotential ignoriert wurde. Caramini-online berichtete am 9. November 2024 über Veränderungen bei den Sieperwerken in Lüdenscheid, der Heimat der Marken Siku und Wiking.

Am 26. November, morgens um halb Sieben, posteten die Sieperwerke auf Facebook, dass die Siku/Wiking-Modellwelt, also das Werksmuseum auf dem Werksgelände in Lüdenscheid an der Schlittenbacher Straße 60, „aus wirtschaftlichen Gründen“ ab dem 9. Dezember dauerhaft schließt, inklusive des Museumsshops (das heißt, der letzte Tag der Öffnung ist der 8. Dezember). „Die Geschäftsleitung“ (ohne jegliche Namensnennung) schließt mit dem lapidaren Satz, man danke für jahrelange Treue, Unterstützung, zahlreiche unvergessliche Erlebnisse, aber auch „für Ihr Verständnis“. Verständnis wofür? Dafür, dass diese Entscheidung gerade mal zwei Wochen, bevor die Fakten eintreten, veröffentlicht wird? Dafür, dass nur Facebook-Nutzer dies aus erster Hand erfahren? Dafür, dass die Presse nicht mal eine Pressemitteilung bekam? Ist das moderne, transparente Geschäftspolitik?

Die Mitteilung beinhaltet auch, dass „die Räumlichkeiten der Modellwelt (…) weiterhin für interne Zwecke genutzt (werden), so dass sie erhalten bleiben“. Ein schlecht und missverständlich formulierter Satz, denn ob die Räumlichkeiten erhalten bleiben, interessiert den Fan wohl weniger, und niemand rechnet damit, dass die Räumlichkeiten abgerissen werden (zumal sie im Parterre liegen und dann das ganze Haus einstürzen würde – was nun fast schon symbolisch ist…). Der Formulierungskünstler wollte wohl sagen, dass die Ausstellung, also die historischen Exponate in ihrer Anordnung, erhalten bleiben, um damit die Befürchtung zu zerstreuen, dass die einmalige Sammlung verkauft würde.

Ein Werksmuseum im Bereich Spielzeug/Modellautos ist fast nie rentabel, auch wenn es noch so attraktiv ist. Die Siku/Wiking-Modellwelt hatte eben nie den fast unerreichbaren Stellenwert des Steiff-Museums, zu dem Besucher aus aller Welt anreisen und das von der Oma bis zum Kleinkind jeden begeistert. Zudem ist Lüdenscheid nicht gerade das touristische Ziel schlechthin. Natürlich muss ein Controller hier ansetzen. Er streicht die Stellen des Museumspersonals – eine Festangestellte geht in den Ruhestand, für die andere wurde eine interne Lösung gefunden, die Aushilfen werden nicht mehr beschäftigt. Die (wahrscheinlich externe) Putzkolonne wird billiger, weil sie weniger zu tun hat, auch die Heizkosten werden reduziert. Bravo! Wie viel das zur Unternehmensrettung beitragen kann, mag jeder für sich entscheiden. Jedenfalls sorgt es für Unmut unter den Sammlern (kein Museum mehr, keine transparenten Sondermodelle mehr, kein Stopp auf der Urlaubsreise gen Süden mehr…), ist kontraproduktiv für den weichen Faktor der Kundenbindung und führt die bisherige Betonung der Sieperwerke, wie wichtig die Tradition (sowohl bei Siku als auch bei Wiking) sei, ad absurdum. Das mag noch gegolten haben, als Mitglieder der Familie Sieper im Vorstand waren.

Vordergründig wird „nur ein Museum“ geschlossen. Aber die Schließung dieses Museums hat eben Symbolwert und scheint Ausdruck und Etappe einer Entwicklung zu sein, deren Ausgang ungewiss ist. Insofern ist es schon mehr als „nur“ die Schließung eines Museums. Und dass das Museum lediglich das „nächste Brückenopfer“ (Sperrung der A45 bei Lüdenscheid wegen der neu zu bauenden Talbrücke Rahmede) sei, wie die Lüdenscheider online-Lokalzeitung „come-on“, das Internetportal des Märkischen Zeitungsverlages, gestern titelte – das ist zu kurz gedacht und lediglich monokausal.

Wie geht es weiter? Das Unternehmen unterhält auf dem Nürnberger Messegelände in Halle 12.2 einen sicherlich teuren Ganzjahres-Dauerstand. Laut Belegungsplan für die Spielwarenmesse 2025 ist das nach wie vor der Fall. Dies ist natürlich auch ein Ansatzpunkt für einen Kosteneinsparer, geht aber wegen längerfristiger Verträge nicht auf die Schnelle. Herpa beispielsweise spart sich 2025 den Spielwarenmesseauftritt. Wiking ist auf anderen (Modellbau-) Messen bereits nicht mehr vertreten.

Und die Frage aller Fragen, meist unausgesprochen – alleine schon deshalb, weil sie (derzeit) nicht beantwortet wird -, lautet: Will Sieper die Firma Wiking, nachdem sie 40 Jahre in deren Eigentum war, verkaufen? Daraus folgt: Wenn ja, an wen? Und was macht derjenige mit Wiking und aus Wiking?

afs

Siku-Spielzeugautos aus den frühen 50ern, bevor die V-Serie kam: Die Karosserien wurden im Set verkauft, jede passte auf das eine mitgelieferte Fahrgestell. Zur Verdeutlichung der Größenverhältnisse im Vordergrund rechts ein dunkelroter Lloyd LP400 von 1954 aus der Siku-Plastik-Serie.
Modellfoto: bat
Zur Abwechslung mal ein Flieger in Caramini, obgleich wir ja nicht Aviamini heißen. Eine Sud Aviation Caravelle im Maßstab 1:250 aus Kunststoff, ab 1959 für die Scandinavian Airlines System im Einsatz, in sehr zeitgenössisch gestalteter Verpackung.
Modellfoto: bat
Damals war alles noch rosig: VW Sambabus zur Eröffnung der Siku/Wiking-Modellwelt am 26. Juni 2012. Und wir alle erinnern uns noch an das schöne Fest anlässlich 85 Jahre Wiking im Sommer 2017 auf dem Werksgelände.
Modellfoto: kr
Eine kleine Auswahl der transparenten Wiking-Modelle, jährlich neue Auflagen, die es nur im Museum zu kaufen gab. Wird diese Tradition der Transparenz fortgesetzt? Oder wird der aktuelle, durchsichtige Feuerwehr-VW-1303 der letzte seiner Art sein? Falls nicht, wie sollen die transparenten Sondermodelle künftig vertrieben werden?
Modellfoto: kr