Faszination Modellautos

Spielwarenmesse 2024

Nachschlag Spielwarenmesse 2024

„Messemodelle, gaaanz frisch, noch warm, zu verkaufen!“

Versprechen muss man halten. Wir haben im Bericht über die Messemodelle der Spielwarenmesse angekündigt, einen Nachschlag zu liefern. Denn der Bericht wurde verfasst, als die Messe noch im Gange war. Jetzt, mit etwas Abstand, sind die fehlenden Modelle eingetroffen, auf Ebay gekauft und von einem uns gewogenen Händler erhalten. Gleichsam bietet dieser Blick mit rund zehn Tagen Distanz auch die Möglichkeit zu einem Report, wie sich die Messemodelle preislich auf dem Sammlermarkt entwickelt haben.

Der Hype ist vorbei. Wer ein Messemodell möchte, dürfte es nun haben. Die übermäßige Begeisterung dauert im Normalfall keine zwei Wochen. Dann beruhigt sich die Aufregung um Messemodelle. Jahre alte Sondermodelle zur Spielwarenmesse sind natürlich stets Sammlerstücke. Aber sie erzielen, gut gereift und abgehangen, nicht die Preise, die dann dafür bezahlt werden, wenn sie frisch sind, quasi noch warm.

Majorette feiert 2024 sein 60jähriges Bestehen und läutet den Geburtstag mit einem Formel-1-Rennwagen aus dem Gründungsjahr 1964 ein, aber es ist kein konkretes Modell, sondern ein Phantasiefahrzeug im Stile eines Rennwagens dieser Zeit. Maßstab 1:64 (und somit weit größer als zeitgenössische Majorette-Modelle), Metall-Monocoque in Rotmetallic, alles andere aus Kunststoff und golden glänzend bedampft, an den Flanken der Hinweis auf 60 Jahre Majorette 1964-2024. Dazu gab es einen kleinen Wandkalender mit zwölf Majorette-Motiven sowie eine kleine Packung Gummibärchen, auch entsprechend gestylt. Wie man als Sammler mit solchen Devotionalien umgehen soll (Mindesthaltbarkeitsdatum 01.02.2025), ist nicht zu beantworten. Wir pflegen und empfehlen den Verzehr statt des Aufhebens. Dieses Modell wurde in Nürnberg ausgegeben, gleichzeitig in England (London Toy Fair 23. bis 25. Januar).

Sodann hofften wir noch auf übrig gebliebene Herpa-Modelle anlässlich deren 75sten, der dieses Jahr gefeiert wird. Da gab es die fünf ersten Herpa-Personenwagen sowie die drei ersten Lastwagen als Sattelzugmaschinen, alle schwarz mit roten Interieurs und Felgen, Auflage jeweils 300 Stück. Kaufen konnte man die Modelle nur am Publikumssamstag, an dem wir nicht in Nürnberg waren. Matthias Neigenfind, Pressesprecher bei Herpa, war so freundlich, uns einen Satz zur Verfügung zu stellen.

Erstaunliche Ergebnisse in der Bucht

Die Preise für Messemodelle gingen teilweise durch die Decke. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Hersteller diesmal weit restriktiver mit dem Verschenken waren als während der Jahre zuvor. Offenkundig wollten sie die Unart eindämmen, dass Beschenkte ihre Modelle zu Geld machen. Selbst Modelle, für die es weder Vitamin B noch Überredungskunst brauchte, also diejenigen, die man auf der Messe kaufen konnte, erzielten erstaunliche Ergebnisse in der „elektronischen Bucht“ (also auf Ebay).

Das aufwändigste und wahrscheinlich auch seltenste Messemodell ist der Bentley Continental Flying Star von PCT/Ixo, Auflage nur 99 Stück. Weniger als eine Handvoll war im Angebot, der teuerste brachte 150 Euro. Der Majorette-Rennwagen scheint begehrt gewesen zu sein, mehrere wurden zwischen 40 und 50 Euro verkauft, einer offenbar sogar für 130 Euro. Der Tarif des McLaren Senna von Siku lag bei rund 25 Euro, einer brachte 30 Euro.

Am meisten umkämpft: der Maßstab 1:87. Recht vernünftig verhielt sich die Preisentwicklung des Wiking-Messemodells (Opel Kapitän ’51 in Weiß) zwischen 20 und 25 Euro. Das Karmann-Ghia-Modell der Messegesellschaft, auch von Wiking, für jeden Besucher käuflich für 25 Euro zu erwerben, brachte auf Ebay zumeist 35 bis 40 Euro. Wer hier investierte, hatte also nicht gerade einen Supergewinn. Erfahrene Sammler wissen, dass sie die Wiking-Modelle zur Messe mit etwas zeitlichem Abstand bei einschlägigen Fachhändlern zu vernünftigen Preisen bekommen. Die ersten werden bereits angeboten, jeweils rund 20 Euro. Der Busch-Traktor erzielte um die 40 Euro, und aktuell sind die Sofortkauf-Angebote deutlich geringer. Herpa: Das eigentliche Messemodell, den Trabant nT, konnte jeder Besucher am Messesamstag für 15 Euro kaufen. Dennoch war er Sammlern, die es nicht nach Nürnberg schafften, knapp 30 Euro wert. Erstaunlich das Ergebnis der roten Absetzmulde mit Bedruckung „75 Jahre Herpa“. Sie kämpfte sich im Bieterverfahren auf immerhin 25 Euro hoch, ist aber aktuell im Sofortkauf für 15 Euro zu haben. Typisches Beispiel für einen Hype! Die schwarzen, am Messesamstag für 15 Euro erhältlichen Herpa-Sondermodelle erzielten bis zu 25 Euro (also auch kein Wahnsinns-Gewinn für Investoren). Ein Ebay-Anbieter bot das Herpa-Rundum-sorglos-Paket mit fünf schwarzen Pkw, drei Lkw, dem Trabant nT und drei Absetzkippern für 250 Euro an und brachte es offenbar mit Preisvorschlag-Funktion in neuen Besitz. Der Anbieter hat wohl mal BWL studiert (oder einfach nur Glück gehabt), denn er konnte seine Investition innerhalb weniger Tage fast verdoppeln.

Der Ansturm auf die Messemodelle ist in jedem Jahr ein spannendes Programm, das rund zehn Tage lang gute Unterhaltung am Bildschirm bietet. Es ist ein gewohntes Phänomen, ja ein Mechanismus, der stets gleich funktioniert. Und man fragt sich, warum das so ist. Jeder weiß doch: Die Preise von Messemodellen spielen sich ein, wenn man nur ein wenig wartet. Des Rätsels Lösung kann nur die Psyche des Sammlers sein: Er will die Messemodelle als erster haben, will sie als erster seinen Freunden (und sich selber) präsentieren, um belegen zu können: „Schaut her, ich bin wichtig und obendrein bin ich finanziell potent genug, mir leisten zu können, was ich haben möchte.“

afs